Neuss Politik: Chancen von Breitband nutzen

Neuss · Die Politik hat den Breitbandausbau für schnelles Internet ganz oben auf ihrer Agenda stehen. Quer durch die Fraktionen wird betont, dass der digitale Wandel längst begonnen hat. Doch es gibt noch Aufklärungsbedarf.

 In Jüchen-Kelzenberg werden die Glasfaserkabel bereits verlegt. Auch in vielen anderen Orten läuft der Ausbau bereits oder steht bevor.

In Jüchen-Kelzenberg werden die Glasfaserkabel bereits verlegt. Auch in vielen anderen Orten läuft der Ausbau bereits oder steht bevor.

Foto: Georg Salzburg

Digital ist besser - dieser schöne Slogan aus der Popkultur schwingt stets zwischen den Zeilen mit, wenn sich Politiker zu einem Thema äußern: Breitbandausbau. Das wurde jetzt im Ausschuss für Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten wieder deutlich. Heinrich Thiel (SPD) wollte von der Verwaltung wissen, ob auch alles unternommen worden sei, den Bürgern die Bedeutung des Netzausbaus nahezubringen. Zuvor hatte Ursula von Nollendorf (CDU) bereits angefragt, ob es nicht die Möglichkeit gebe, mehr Dampf zu machen, um noch mehr Bürger zu erreichen. In beiden Fällen ging es um die von der "Deutsche Glasfaser" geforderte 40-Prozent-Quote für den geplanten Netzausbau.

Die Politik hat den Breitbandausbau als Thema entdeckt, er steht auf der Agenda ganz weit oben. Denn die Zukunft ist nun mal digital. Aber die Politiker stehen auch vor einem Dilemma: der Frage, wie sie die Bürger erreichen und über das Infrastrukturprojekt und seine verschiedenen technischen Facetten aufklären können. Ähnlich geht es der Verwaltung - allerdings unter anderen Voraussetzungen. Sie muss mitunter auf die Bremse treten, wenn die Politik mehr Gas für breitere Spuren auf der Datenautobahn fordert. Denn wenn es um Breitbandausbau geht, dann handelt es sich um freien Wettbewerb. Die Verwaltung muss sich neutral verhalten und darf keinen Akteur bevorzugen. Sie kann nur für alle gleiche Voraussetzungen schaffen. Man habe alles, was möglich sei, getan, erklärte Wirtschaftsförderer Frank Wolters daher im Ausschuss für Wirtschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten.

Wenn die Politik weiteren Aufklärungsbedarf sieht - dass sie es tut, wurde kürzlich beim Auftakt der Zukunftskommission Digitale Agenda deutlich -, dann muss sie selbst aufs Gaspedal drücken. Wie groß der Bedarf womöglich ist, zeigt ein Blick in eine kleine blaue Broschüre, die das Bundeswirtschaftsministerium herausgegeben hat. Sie trägt den Titel "Digitalisierung und du" - und beim ersten Satz können jedem technikaffinen Bürger ganz schön die Ohren schlackern. "Es ist schon eine ganze Weile her, dass das Internet nur etwas für Technikfreaks war", ist dort zu lesen. Was klingt wie eine Erzählung aus der alten Welt ("Neuland"), zielt jedoch genau in die andere Richtung: auf die Zukunft. Die Bedeutung des digitalen Wandels ist noch längst nicht in jedem Wohnzimmer angekommen - und das möchte das Ministerium ändern.

Gezeigt wird daher, wie der digitale Wandel alle Lebensbereiche durchdringt. Das wird mit Zahlen untermauert: Vier von zehn Beschäftigten arbeiten demnach schon jetzt regelmäßig von zu Hause, in den kommenden Jahren dürften es noch mehr werden. 73 Prozent aller Lehrer befürworten eine Strategie "Digitales Lernen". Und im Online-Handel gelte: Eine Sekunde Verzögerung beim Seitenaufbau bedeute zehn Prozent weniger Umsatz. Arbeit, Lernen, Einkaufen - das alles gehört zum Alltag und braucht ein schnelles Netz. Das sperrige Thema Breitbandausbau rückt durch die Beispiele ganz nah an den Alltag der Menschen heran.

Der zweite Schritt besteht darin, technische Möglichkeiten zu erklären. In Neuss buhlen gerade vor allem die "Deutsche Glasfaser" und die Telekom um Marktanteile. Die Glasfaser setzt auf das sogenannte Fiber to the Home (FTTH)-Prinzip. Das Glasfaserkabel wird direkt in die Häuser der Anschlussinhaber gelegt. Es sollen Geschwindigkeiten von mindestens 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s) beim Up- und Download erreicht werden. Das Netz sei jedoch auf deutlich höhere Bandbreiten vorbereitet.

Die Telekom hingegen rüstet ihr VDSL-Netz mit Vectoring-Technik auf und setzt dabei auf das Fiber to the Curb (FTTC)-Prinzip. Glasfaserkabel wird bis in Multifunktionsgehäuse verlegt, von dort führt Kupferkabel in die Wohnung der Anschlussinhaber. Es werden Geschwindigkeiten von maximal 100 Megabit pro Sekunde (MBit/s) und Uploads mit bis zu 40 MBit/s ermöglicht. Für die Zukunft sei Super-Vectoring geplant. Damit könnten die Bandbreiten auf bis zu 250 MBit/s gesteigert werden. Vor allem aber legt die Telekom das Glasfasernetz in einem ersten Schritt schon einmal näher an die Haushalte heran. Möglicherweise folgt eines Tages die Aufrüstung auf FTTH in einem zweiten Schritt.

(NGZ)
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