Meike Neumann Und Peter Seul "Weihnachten ist für Kirchen eine Chance"

Neuss · Pfarrerin Neumann und Pfarrer Seul erzählen, wie sie sich auf ihre Predigten vorbereiten und was bei ihnen zum Fest nicht fehlen darf.

 Die evangelische Pfarrerin Meike Neumann und der katholische Pfarrer Peter Seul haben morgen ein volles Programm. Für die Beiden beginnt die Familien-Weihnacht am 25. Dezember.

Die evangelische Pfarrerin Meike Neumann und der katholische Pfarrer Peter Seul haben morgen ein volles Programm. Für die Beiden beginnt die Familien-Weihnacht am 25. Dezember.

Foto: Lothar Berns

Morgen sind die Kirchen wieder voll . Finden Sie es schlimm, wenn Menschen nur zu Weihnachten kommen?

Meike Neumann Das stimmt. Weihnachten sind bei uns alle Gottesdienste voll - und mich freut das. Ich finde es schön, dass "in die Kirche gehen" für viele Menschen noch zum Fest dazu gehört. Man könnte Weihnachten auch ohne uns begehen. Zu schelten, ist nicht der richtige Weg. Peter Seul Ich glaube die Generation der Pfarrer, die sogenannte "U-Boot"-Christen ausgeschimpft haben, weil sie nur ein Mal im Jahr gekommen sind, ist ausgestorben. Die einzige Herausforderung ist, dass sie nicht Gottesdienst erfahren sind. Bei uns ist viel mit Ritus. Stehen, sitzen, knien. Man merkt das immer beim Auszug: Je weiter man nach hinten kommt, desto spärlicher wird der Gesang.

Ist der Weihnachts-Run auch eine Chance?

Seul Weihnachten ist, wie auch Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten, eine Möglichkeit, die Botschaft publik zu machen. So viele Möglichkeiten dazu haben wir ja nicht. NeumannWir haben auch immer wieder Menschen, die zu Weihnachten kommen und dann auch nochmal im Laufe des Jahres wieder kommen. Weil der Weihnachtsgottesdienst sie angesprochen hat.

An den Festtagen kommen auch jüngere Leute in die Kirche?

Seul Ja, der Altersdurchschnitt ist ganz anders als gewöhnlich. Da erreichen wir auch das mittlere Lebensalter wieder. Das ist uns sonst fast weggebrochen. Neumann Und auch jüngere Familien. Vergangenes Jahr kam ein sechsjähriges Kind zu mir und sagte: 'Das war schön. Ich will mich von dir taufen lassen.' Wenn die Menschen ein gutes Gefühl haben, passiert da auch nochmal was.

Kennen die jungen Leute heute denn überhaupt noch die klassischen Lieder?

Seul Wir haben Gebetbücher, da stehen die Texte drin. Ich kann sie auch nicht alle. Bei der dritten Strophe von manchen Weihnachtsliedern hapert's. Man singt sie ja nur einmal im Jahr. Ich singe 'Stille Nacht' auch nicht im Juni. Neumann Man sucht Weihnachten bewusst die Lieder raus, von denen man glaubt, dass sie den Menschen vertraut sind. Und da habe ich schon das Gefühl, dass viele Leute die auch noch kennen.

Zu Weihnachten treffen die treuen Kirchgänger auf jene, die eben nur ein Mal im Jahr kommen oder noch länger nicht da waren. Wie können Sie alle erreichen?

Neumann Wir haben an Heiligabend Zielgruppen-Gottesdienste. Für mich beginnt es um 11 Uhr mit dem Krabbel-Gottesdienst. Dann Familiengottesdienst mit Krippenspiel und dann die klassische Vesper. Und ich habe das Gefühl, man erreicht die Leute auch dadurch ganz gut, weil sie sich das aussuchen, was ihrem Bedürfnis entspricht. SeulIch habe die Abendmessen um 22 Uhr oder um 24 Uhr. Da ist nochmal eine ganz andere Stimmung als um 17 Uhr. Aber ich glaube, die Weihnachtsbotschaft ist eine Botschaft, die jeden anspricht. Kinder entdecken darin etwas Tolles. Erwachsene werden angerührt. Das Inventar der Weihnachtsgeschichte ist etwas, das alle Menschen anspricht.

Wie erreichen Sie die Leute überhaupt? Sind Sie auch in den sozialen Medien unterwegs?

Seul Wir haben einen Gemeindebrief, der jeden katholischen Haushalt erreicht. Das Bistum hat jetzt eine Adventszeitung verschickt. Eine gewisse 'Kundenpflege' gehört auch dazu. Brautpaaren wird nach einem Jahr gratuliert. Taufeltern und die Angehörigen von Verstorbenen werden nach einem Jahr nochmal zu Gottesdienst und persönlichen Gespräch eingeladen. Neumann Wir haben eine Facebook und eine Internet-Seite. Unser Öffentlichkeitsausschuss überlegt immer wieder, welche Kanäle wir uns anschauen müssten. Ich habe E-Mail-Verteiler. Die Mail bekommen die Leute meist direkt aufs Smartphone. Dann können sie spontan kommen. Es wird heute nicht mehr so langfristig geplant.

Wie bereiten Sie sich auf die Predigt vor?

Seul Ich brauche die Atmosphäre. Zu langfristig finde ich kontraproduktiv. Ich greife auf, was in der Woche vorher passiert. Welche Themen sind virulent? Die Inspirationsquellen sind vielfätig. Oft stellen sich Verknüpfungen her, die man gar nicht bewusst steuert. Das kann auch eine ganz banale Fernsehsendung sein. Neumann Bei uns ist immer ein Predigttext vorgeschlagen. Den gucke ich mir schon deutlich früher an. Ich weiß, welcher Text auf mich zukommt. Das ist bei uns in diesem Jahr Jesaja 9. In der Woche vor Weihnachten beschäftige ich mich mit dem Text im Original. Die aktuellen Themen bekommt man ja permanent mit. Man muss bis zum Schluss die Ohren offen halten.

Ihr Terminkalender dürfte an den Weihnachtstagen ziemlich voll sein. Bleibt Ihnen noch genug Zeit für Privates?

Neumann Am 25. mittags beginnt mein Weihnachten. Das Familienweihnachten. Da kann ich mich fallen lassen und muss nicht mehr konzentriert sein. Seul Ich würde auch sagen, am 25. Dezember. Da fahre ich zu meinen Eltern, dann kommt die Familie.

Was darf bei Ihnen Weihnachten auf keinen Fall fehlen?

Neumann Ein Tannenbaum. Aber mit echten Kerzen. Seul Eine Krippe aus dem Erzgebirge. Und das Weihnachtsoratorium von Bach.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE D. FISCHBACH

(NGZ)
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