Neuss Wohlklang und höchste Improvisationskunst

Neuss · Fabian Müller im Klavierkonzert in Hombroich.

Das Konzert hat jede Erwartung übertroffen. In der Scheune auf der Insel Hombroich hatte Fabian Müller seinen Auftritt - am Flügel, dessen Klang "noch erheblich berauschender allein deshalb war, weil dieser Künstler hier die Tasten anschlug". So begeistert äußerte sich der Hombroich-Komponist Christoph Staude. Und das Publikum schwankte eine viel zu kurze und doch so randvoll gefüllte Stunde zwischen ungläubigem und beglücktem Staunen.

Der junge Fabian Müller aus Bonn ist längst ein großer Meister seines Fachs. Dafür spricht nicht zuletzt die lange Liste seiner Auszeichnungen. Showeffekte sind ihm fremd, nur die äußerste Konzentration ist mit jedem Anschlag spürbar. Er spielt absolut fehlerfrei, ausdrucksstark interpretierend, und bewältigt die höchsten Schwierigkeitsgrade scheinbar mühelos. Mit Johannes Brahms´ frühen Klavierkompositionen "Vier Balladen op.10" startete das Programm. Dieser Zyklus ist stark poetisch inspiriert und abwechslungsreich in der Darbietung. Darauf folgte eine kurze Hommage an die Hörgewohnheiten der Hombroicher Musikgemeinde: "Splitter op 6d" vom Neutöner György Kurtág. Das war nach der vorherigen balladesken Wucht gut erträglich, denn Brahms mit hatte seinem melodischen Ideenreichtum die Ohren für beinahe alles geöffnet.

Abschluss und Höhepunkt bildete Ludwig van Beethoven mit der berühmten Appassionata. Dieser Sonatensatz klassischer Struktur forderte Fabian Müller alles ab. Er bestand diese Herausforderung mit großer Bravour und fesselte die Aufmerksamkeit vom ersten bis zum letzten Ton. Auch wenn der klassisch strukturierte Sonatensatz die formale Faszination band und emotionale Bindungen schuf, ertappte sich der Zuhörer beim genauen Beobachten der Spielweise. Wie Fabian Müller dort allein die technischen Klippen bewältigte, zugleich Wohlklang erzeugte und auch die expressiven Elemente keineswegs vernachlässigte - das ist höchste Improvisationskunst. Und wunderschön.

(Klnie)
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