Analyse Feste Feiern - und das Prinzip Hoffnung

Heiligenhaus · Die Stadt liebt ihre Sommerfestivals, das kulturelle Leben blüht - ein krasser Gegensatz zur wirtschaftlichen Lage.

Wenn am ersten August-Wochenende das Jazz- und Bluesfestival in die Stadt lockt, dann ist das kein einsames Ferienglanzlicht im Programm, sondern schon eines der Markenzeichen des städtischen Kulturlebens. Vorangegangen sind das Stadtfest im Juni und das Kino-Festival auf dem Basildonplatz in der vergangenen Woche. Nicht zu vergessen das Oldtimer-Festival im Frühsommer. Das scheinbare Kuriosum dieser bunten Reihe in einer 27 000-Einwohner-Stadt beschreibt Kulturbürochef Henrik Schulze Neuhoff so: "Wir bekommen von Gästen von auswärts oft zu hören: ,Hier gibt es so etwas noch, bei uns nicht mehr'. Das macht stolz, verführt uns aber nicht zur Großmannssucht."

Schulze Neuhoff sieht aber auch keinen Anlass zu irgendwelcher Schwarzmalerei: "Die Finanzlage der Stadt ist bekannt, aber ich höre von nirgendwo her Stimmen, dass durch Spardruck kulturelle Angebote gefährdet wären." Etwaige Folgen für diesen Fall setzt er in vorsichtigsten Konjunktiv: "Gesetzt den Fall, dass dies eintreten sollte, wären die Perspektiven schwer zu benennen." Auch, weil sich Erfolge nicht in Cent und Euro umrechnen lassen. "Die Besucher sind dankbar, machen Mund-zu-Mund-Propaganda für Heiligenhaus", sagt Schulze Neuhoff. Mittelbar hat das natürlich doch mit Geld zu tun, denn die Angebote des Kulturbüros sollen die Hälfte des Budgets auf dem Weg über die Eintrittspreise wieder hereinholen. Dass Programm gemacht werden kann, "obwohl wir nicht auf Rosen gebettet sind", führt der Kulturbürochef paradoxerweise auf einen Mangel zurück: "Wir haben zum Glück keine Stadthalle, dieser Plan wurde schon vor langen Jahren ad acta gelegt. Das heißt: Wir haben, anders als Nachbarstädte, weit geringere Betriebskosten im Kulturbereich." Stattdessen gibt es sechs Spielstätten in der Stadt, die für unterschiedlichste Programmreihen genutzt werden können: Club, Kant-Aula, Ratssaal, Dorfkirche Isenbügel, Museum Abtsküche und Feuerwehrscheune Abtsküche. Dazu kommen - wenigstens während der üblicherweise trockeneren und helleren Jahreszeit - drei Plätze für Open-Air-Angebote: Basildonplatz, Hefelmannpark und John-Steinbeck-Park.

Mit dem Jazz- und Bluesfestival knüpft das Kulturbüro an eine vor Jahren begründete Tradition an: "Jazz on a summer's night" hieß es im Vorjahr - und auch in diesem Jahr will man ein Zeichen dafür setzen, dass die Ferienzeit nicht durch ein Loch im Kulturkalender gekennzeichnet ist.

Vom 1. bis 3. August also das Jazz- und Blueswochenende über die Bühne in der Feuerwehrscheune. Für 25 Euro sind vier Bands zu erleben. Den Anfang machen am Freitagabend, 20 Uhr, mit Georg Schroeter, Marc Breitfelder und Torsten Zwingenberger drei Meister Ihres Fachs. Am Samstagabend machen um 19 Uhr die Sazerac Swingers den Anfang, sie spielen den aktuellen, jungen New Orleans Jazz so wie er tatsächlich heutzutage in seiner Geburtsstadt zu erleben ist - eine Mixtur aus Swing, traditionellem Jazz, Calypso und Straßengrooves. Mit eigenem Stil und ganz viel Groove bringt die Tommy Schneller Band am Samstagabend ab 21 Uhr Soul, Funk und Blues mit. Und zum Abschluss lädt das Ali Claudi Trio zum Frühschoppen am Sonntag um 11 Uhr.

Schulze Neuhoff legt bei allen Aktivitäten des Kulturbüros Wert darauf zu betonen, dass sich die Kulturarbeit in der Stadt auf mehrere starke Schultern stützt. Allen voran nennt er das rührige Stadtmarketing - das unter anderem dafür verantwortlich zeichnet, dass Heiligenhaus inzwischen feste Größe der Reihe "Filmschauplätze NRW" ist.

Politisch begleitet werden die Kulturschaffenden ab Herbst durch den neu gegründeten Kulturausschuss des Rates. Das Gremium steigt formal im Rang von einem Komitee in den eines Fachausschusses auf - auch eine Art Neustart.

(RP)
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