Ratingen Radler lassen den Rubel rollen

Ratingen · Andernorts haben Kommunen längst erkannt, dass Radler die Innenstädte beleben. In Ratingen fehlt die Infrastruktur.

 Dieter Wilke, Helmut Löffelmann und Helmut Schipmann (v.l.) vom ADFC Ratingen (hier bei unserer RP-Sommertour), wollen mehr Radler in die Stadt holen, um den örtlichen Einzelhandel zu stärken.

Dieter Wilke, Helmut Löffelmann und Helmut Schipmann (v.l.) vom ADFC Ratingen (hier bei unserer RP-Sommertour), wollen mehr Radler in die Stadt holen, um den örtlichen Einzelhandel zu stärken.

Foto: Joachim Preuß

Geht es um den Einzelhandel in den Innenstädten, wird oft das Parkplatzproblem diskutiert. Mehr Autofahrer bringen mehr Umsatz in die Stadt - so die einhellige Meinung. Doch längst haben Verkehrsplaner in Städten mit hohem Radler-Anteil erkannt, dass es gerade Radfahrer sind, die in den Innenstädten die Kassen klingen lassen: Von seinem Drahtesel ist man schnell abgestiegen, wenn man etwas in Läden und Schaufenstern entdeckt - als Autofahrer ist man erstens zu schnell vorbei gesaust und findet zweitens meist keinen Parkplatz oder ist nicht bereit, "Eintritt" in die Stadt in Form von Parkgebühren zu lassen. Die Ratinger Grünen haben Radler freundliche Konzepte traditionell auf der Agenda und träumen sogar vom Anschluss an die geplanten und zum Teil schon fertiggestellten Radautobahnen.

Christian Otto, grüner Ratsherr: "Das Bewusstsein für das Fahrrad als alltäglichem Verkehrsmittel ist nicht ausreichend entwickelt. Hier reicht ein Blick über die Grenze zu unseren holländischen Nachbarn, um zu sehen wie es geht." Die Grünen fordern seit Langem einen Anschluss an die umliegenden Großstädte per Radautobahn.

Und auch der Allgemeine Radfahrclub Deutschland (ADFC) macht dafür stark, den Radlern die Wege in die City zu ebnen. Für Helmut Schipmann, zweiter Vorsitzender, ist das Thema längst besetzt. Diesen Aspekt, dass Radler in der Innenstädten den Rubeln rollen lassen, habe man mit dem Baudezernenten Jochen Kral und der damaligen Fahrradbeauftragen Paula Steegert diskutiert. In der Arbeitsgruppe "Radwege" habe man Mängellisten aufgestellt. Problem seien die Wege in Wege in die Stadt: "Die Zugänge sind sehr kritisch." Aber auch innerorts hapere es.

Auch für den Vorsitzenden Helmut Löffelmann ist klar: "Radler bringen mehr Geld in die Städte als Autofahrer." Doch neben dem Ausbau der Radwege müssten sichere Abstellanlagen für die immer teurerer werdenden Drahtesel geschaffen werden. Für den Düsseldorfer Platz könnte er sich gut den "Mainzer Fahrradpavillon" vorstellen: "Zwölf Räder haben auf vier Quadratmetern Platz." Das Teil sei außen mit Chipkarte gesichert. Auch innen können die Räder abgeschlossen werden.

Löffelmann verweist auf wissenschaftliche Studien, wie vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu): "Durch attraktive und sichere Anfahrtswege für Fahrradfahrer und zentral gelegene innerstädtische überdachte Abstellmöglichkeiten, wird sich ein positiver Effekt für den Einzelhandel ergeben."

Löffelmann bringt in die seit Jahren in Ratingen tobende Parkplatz-Diskussion einen völlig neuen Ansatz hinein: "Ein aus Sicht des Einzelhandels besonderes ökonomisches Potenzial des Radverkehrs liegt in den Einsparungsmöglichkeiten im Bereich des Parkraums begründet. Fahrräder benötigen einen Bruchteil der Parkfläche eines Pkw. So wurde auf der Grundlage einer in Bern durchgeführten Verbraucherbefragung das Verhältnis von Kundenrentabilität (Wert der Einkäufe) und den Kosten für die Kundenparkfläche errechnet: Radfahrer brachten den Einzelhändlern 7.500 Euro pro Quadratmeter ein, Autofahrer nur 6.625 Euro Quadratmeter." Der Radverkehr fördere die Belebung der Stadtteilzentren und Innenstädte, er stärke den Einzelhandel. Und: "Einzelhändler müssen dabei nicht den Verlust von Nachfragepotenzialen fürchten. Radfahrer stellen eine kaufkräftige und treue Kundengruppe dar. Um sie in die Geschäfte zu locken, soll den Hindernissen beim Einkauf auf zwei Rädern mit einem breiten Serviceangebot, komfortablen Abstellmöglichkeiten und sicheren Straßen begegnet werden. Dies erfordert das koordinierte Vorgehen von Kommune und lokalem Einzelhandel." Das Institut für Urbanistik schlägt Aktionen von Stadt und Handel vor: Messen, Begrüßungspakete speziell für Mobilität mit dem Rad, Rabattaktionen der Händler, Servicestationen mit Luft, "Schlauchautomaten" und Werkzeug.

Woanders hat man das Radler-Potenzial als Stütze für den Handel längst erkannt: In Budapest hat der örtliche Radfahrclub mit dem Handel eine höchst erfolgreiche Kampagne "Lokal einkaufen" gestartet. In Flandern haben sich Umweltorganisationen mit fast 200 Gemeinden und über 15.500 Einzelhändlern in der Initiative "Mit Radgeklingel zum Laden"zusammengetan.

(JoPr)
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