Heiligenhaus Schneewette – ein Kampfum jeden Zentimeter

Düsseldorf · Alle Jahre wieder stapfen Bürger am Neujahrsmorgen zur Sparkassenfiliale in Hetterscheidt, um zu kontrollieren, ob zwei Zentimeter Schnee auf der Wiese vor der Filiale liegen. Doch die Freizeit-Meteorologen machen sich die Mühe weniger aus wettertechnischen Gründen als aus Tradition.

Bereits seit 34 Jahren findet an genau jener Stelle jedes Jahr am Neujahrsmorgen die Hetterscheidter Schneewette statt. Die Hetterscheidter Vereine wetten gegen die Fraktionsvorsitzenden aus dem Heiligenhauser Rat. Am gestrigen Neujahrstag war der zwei Meter lange Zollstock, den Schiedskommissar Heinz Nardmann mitbrachte, jedoch nicht nötig. Zwar war über Nacht eine beachtliche Menge Schnee gefallen, doch für die zwei Zentimeter würde es nicht reichen, das war von Anfang an klar. "Drückt den Zollstock doch ein bisschen tiefer ein", rief ein Zuschauer aus der Menge noch, um die Wette möglicherweise für sich zu entscheiden, doch Schiedskommissar Heinz Nardmann dokumentierte: ein halber Zentimeter Schnee und kein Millimeter mehr. Doch auch in der Heiligenhauser Partnerstadt Zwönitz wurde die Schneehöhe gemessen und mit zehn Zentimetern protokolliert. Auch die Wetten um den Schneefall in Zwönitz und um die Temperaturen in Zwönitz und Heiligenhaus gehören mit zur Schneewette und können über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Zum 34. Mal wurde die Schneewette gestern ausgetragen. "Bisher steht es unentschieden. 16 für die Hetterscheidter und 16 für die Gegner aus dem Dorf", so Nardmann. Obwohl die Schneewette bereits 33 Mal ausgetragen wurde, gab es bisher nur 32 Mal ein Ergebnis. In einem Jahr hatten einfallsreiche Teilnehmer Schnee aus der Ferne herangekarrt und somit die Wette manipuliert und ungültig gemacht. In diesem Jahr entscheidet sich daher, welche der beiden Gruppen in Führung geht und welche zurückliegt und damit traditionell die Sieger-Gruppe mit Reibekuchen bewirten muss.

Wer wird sich ärgern?

Die verschlossenen Umschläge werden am dritten Sonntag im Januar geöffnet. Bürgermeister Dr. Jan Heinisch wird – wie auch am Neujahrstag – dabei sein. "Wir sehen dann bei der Umschlagöffnung, wer sich ärgern darf", meint der Hetterscheidter, der genau so alt ist wie die Schneewette. Er hat außer Konkurrenz mit gewettet. Nachdem er die Silvesternacht an einem Lagerfeuer verbracht hatte, machte ihm die Kälte am Morgen nichts mehr aus. Auch die Ratsvorsitzenden müssen sich jetzt drei Wochen lang gedulden, bis die Umschläge geöffnet werden und der Sieger feststeht. "Von der Temperatur abgesehen bin ich zufrieden" meinte auch Peter Kramer von der SPD und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: "Wo ist die Klimaerwärmung, wenn man sie einmal braucht?!"

Ursprünglich war die Schneewette dazu vorgesehen, die Vereine am Anfang des Jahres zusammenzu-bringen und gemeinsame Termine abzusprechen. Inzwischen jedoch ist die Schneewette zu einem traditionellen Brauch in Heiligenhaus geworden. In diesem Brauch hat auch der Hetterscheidter Schneekorn eine große Bedeutung. "Es gibt Menschen, die diese Flaschen schon seit vielen Jahren sammeln", meinte auch Coletta Meyknecht vom Hetterscheidter Bürgerverein. Für sie und ihren Mann August bedeutet die Schneewette ein schönes Treffen unter Nachbarn.

(RP)
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