Wuppertal Zahl der Kirchenaustritte auf hohem Niveau

Wuppertal · Die große Welle flacht ab. Aber weiter verlassen jeden Monat fast 100 Wuppertaler die Kirchengemeinden.

Die große Austrittswelle ist etwas abgeflacht. Aber die Kirchen verlieren weiterhin eine große Zahl von Mitgliedern. Im ersten Halbjahr 2015 kehrten rund 700 Wuppertaler ihrer Kirche den Rücken: 250 katholische (von knapp 80 000) und 450 evangelische Christen (von gut 100 000).

Werner Kleine, Pastoralreferent und Sprecher der katholischen Kirche in Wuppertal, erinnert sich: "2014 war ein Horrorjahr. Das hat sogar das Jahr 2009 nach dem Missbrauchs-Skandal übertroffen." Rund 640 Wuppertaler Katholiken verließen im vergangenen Jahr die katholische Kirche.

Nach Ansicht von Kleine lag das einerseits an der neuen Vorgehensweise beim Einzug der Kirchensteuer bei Kapitalvermögen. Viele hätten fälschlich den Eindruck gehabt, nun mehr Geld zahlen zu müssen. Dazu sei der Skandal um Bischof Tebartz-van Elst gekommen.

Nun habe sich die Lage offensichtlich etwas beruhigt. In den letzten drei Monaten waren es 44, 34 dann 32 Menschen, die die katholische Kirche verließen. "Es pendelt sich auf hohen Niveau ein", so Werner Kleine. Vor einigen Jahren hätten sie monatliche etwa 25 Mitglieder verloren, heute liege der Durchschnitt wohl bei 40.

Anlass für einen Austritt sei oft das Geld. "Ich glaube aber, wenn jemand aus der Kirche austritt, dann tut er das nicht nur des Geldes wegen." Denn jeder wisse, dass eine Organisation wie die Kirche Geld brauche. Bei den Menschen, die austreten, herrsche das Gefühl: "Die Kirche ist mein Geld nicht mehr wert."

Seine Erklärung: "Die Kirche erreicht die Menschen in ihrem Alltag nicht mehr. Wir müssen andere Wege finden, den Menschen die Botschaft der Kirche zu bringen."

Bei der evangelischen Kirche sieht es ähnlich aus: "Wir hatten eine deutliche Spitze wegen der Kapitalertragssteuer", sagt Werner Jacken, Sprecher des evangelischen Kirchenkreises. Jetzt seien die Zahlen wieder etwas zurückgegangen. Im Stadtgebiet Wuppertal lauten die Zahlen für die vergangenen drei Monate und die evangelische Kirche 78, 73 und 58.

"Wir haben vor allem ein demografisches Problem", so Jacken. Jährlich würden durchschnittlich 1300 Gemeindemitglieder sterben, gleichzeitig wüchsen aber auch zu wenige nach. Rund 500 Taufen fänden pro Jahr statt.

Werner Jacken bringt das im Zusammenhang mit dem Rückgang der Stadtbevölkerung insgesamt. Zwar wachse die Stadt durch Zuwanderung, aber Zuwanderer seien selten evangelisch - eher schon mal katholisch. Auch wenn die noch gut 100 000 evangelischen Christen in Wuppertal "eine Bank" seien, so sei dennoch "jeder Austritt einer zu viel".

(RP)
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