Remscheid Leichtes Spiel für Drogenkonsumenten

Remscheid · Die Rauschgiftkriminalität in Deutschland ist auf einem neuen Rekordhoch: Für zehn Euro kann man in Remscheid synthetische Drogen kaufen. Die Hemmschwelle, Drogen zu nehmen, ist deutlich gesunken.

Das ist der Drogenkonsumraum in Düsseldorf
9 Bilder

Das ist der Drogenkonsumraum in Düsseldorf

9 Bilder
Foto: Bretz, Andreas

Drogenberater Alfred Lindenbaum vom Diakonischen Werk beobachtet in Remscheid zwei Tendenzen beim Drogenkonsum. Die Zahl der Menschen, die Heroin spritzen, geht zurück. Die Hemmschwellen bei der Einnahme von synthetischen Drogen und Amphetaminen sei deutlich abgesenkt worden. Das frühere Gebot der Kiffer, niemals Chemie zu konsumieren, gelte nicht mehr. Die normalen Amphetamine werden mehr und mehr zur Alltagsdroge. Für den täglichen Konsum an Drogen müsse auch keiner aus Remscheid mehr nach Köln oder Düsseldorf fahren. Remscheid habe im Drogenhandel eine "gut funktionierende" Infrastruktur. Für zehn Euro kann man seine tägliche Dosis erwerben, seien es Amphetamine oder Cannabis. Lindenbaum ist kein Fall von Crystal-Meth-Konsum bekannt, eine sich in Deutschland immer schneller verbreitenden Droge, die sechs Mal stärker wirkt als andere synthetische Drogen.

Die größten Heroin-Funde in NRW
Infos

Die größten Heroin-Funde in NRW

Infos
Foto: dpa, jc ms

Die Rauschgiftkriminalität in Deutschland ist auf einem neuen Rekordhoch. Das verkündete jüngst die Drogenbeauftragte des Bundes, Marlene Mortler. Auch die Zahl der Drogentoten stieg um drei Prozent auf 1032. Die Statistiken, die beim Bund für erhöhte Alarmbereitschaft sorgen, lassen sich jedoch nicht auf Remscheid übertragen: Im Vergleich zu 2013 gab es im vergangenen Jahr sogar 67 Rauschgiftdelikte weniger - also Fälle, in denen die Polizei Drogenhandel oder -konsum strafrechtlich verfolgt hat. "Im Bundesdurchschnitt stehen wir sehr gut da", bestätigt auch Polizeisprecher Christian Wirtz. Konkret gab es Ende 2014 insgesamt 253 solcher Delikte. Zum Vergleich: im Bergischen Städtedreieck lag die Zahl bei 1869. Zwischen 2010 und 2013 gab es zwar knapp 400 Delikte mehr, allerdings verzeichnete die Polizei Wuppertal zuletzt zwischen 2013 und 2014 lediglich 40 Fälle mehr. Die Drogendelikte nehmen im Städtedreieck zwar zu, aber weitaus schwächer als noch vor einigen Jahren.

Bei den Drogentoten ist es nahezu das gleiche Bild: In der Region starben 2014 fünf Personen aufgrund von Drogenmissbrauch - 2010 waren es noch 16. In Remscheid gab es den letzten Drogentoten im Jahr 2012. "Wir haben in der Vergangenheit unsere Kontrollen erhöht", sagt Wirtz. Auf Streife würden die Beamten nun zunehmend auch Stellen kontrollieren, die ihnen vom Hörensagen als Drogenumschlagspunkte bekannt sind.

Remscheid besitzt keine "offene Drogenszene". Es gibt also keine Orte, die landläufig als Handelsplatz für Drogen gelten - was die Arbeit der Polizei erschwert. "Drogenhandel kann in Privatwohnungen vorkommen oder in sichtgeschützten Bereichen in der Stadt", sagt Wirtz. Ein Katz-und-Maus-Spiel. Deshalb ist die Polizei umso mehr auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. "Das ist sogar ganz wichtig", sagt der Hauptkommissar. Jedem Hinweis würde nachgegangen. Das könne ein konkreter Fall von Drogenhandel sein, aber "auch der süßliche Geruch von Marihuana im Treppenhaus".

Zoll beschlagnahmt Waffen, Drogen, Zigaretten
10 Bilder

Zoll beschlagnahmt Waffen, Drogen, Zigaretten

10 Bilder
Foto: C. Schwerdtfeger

604 Fälle hat die Suchtberatung der Diakonie im vorigen Jahr betreut. Die Zahlen sind rückläufig. Alfred Lindenbaum sieht das auch darin begründet, dass die Diakonie anderthalb Stellen in der Suchtberatung gestrichen hat. Positiv sei ihm aufgefallen, dass immer weniger Jugendliche rauchen, und auch die Anfälligkeit fürs Komasaufen nicht mehr so ausgeprägt sei. Doch sollten diese positiven Tendenzen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Bewusstsein für den richtigen Umgang mit seiner Gesundheit noch sehr zu wünschen übriglasse.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort