Analyse Überlastungsanzeige aus dem OB-Büro

Remscheid · Ansichtssache Oberbürgermeister Mast-Weisz bekommt Druck vom eigenen Personal. Der Balanceakt zwischen Sparkurs und ständig neuen Aufgaben von Land und Bund wird zunehmend schwieriger.

Wenn den Mitarbeitern der Remscheider Stadtverwaltung die Arbeit über den Kopf wächst, geben sie das offiziell an ihren Chef weiter. Diese "Überlastungsanzeige" landet automatisch beim Oberbürgermeister, ihrem obersten Dienstherren. Der muss dann handeln.

Am Donnerstagabend hat Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) dem Rat gegenüber selber eine Überlastungsanzeige für die komplette Verwaltung angekündigt. Tenor: Wir sind an der Belastungs-Grenze angekommen, bekommen zunehmend Probleme mit der Erledigung der Pflichtaufgaben, für Wunschprojekte der Politik ist kein Spielraum mehr da.

Diese Probleme sind hausgemacht. Seit einigen Jahren läuft im Rathaus ein ambitioniertes Stellenabbauprogramm. Die damalige Ampel-Mehrheit hat es auch mit Stimmen der CDU beschlossen, damit Remscheid endlich aus der Schuldenfalle kommt. 600 Millionen Euro Schulden hat Remscheid aktuell. Das Land fordert diese Schrumpfkur als Bedingung für Hilfe im Stärkungspakt Stadtfinanzen.

Dieselbe Landesregierung konterkariert aber zugleich die Verschlankungskur. Das rechtzeitig zur Landtags-Wahl aufgelegte Programm "Gute Schule 2020" etwa schüttet zwar viel Geld über die Schulen aus, bringt die Stadt aber auch an personelle Grenzen. Das Fachpersonal, um das Geld im vorgegeben Zeitrahmen zu verbauen, hat sie nicht (mehr). Nun sollen vier neue Stellen geschaffen werden - unbefristet, denn sonst bewirbt sich niemand. Der Rechtsanspruch in NRW auf einen Kindergartenplatz wirbelt den Haushalt ebenfalls durcheinander. Hunderte neue Plätze müssen geschaffen werden, weil es in Remscheid plötzlich mehr Kinder gibt als erwartet. Für die Container-Kita am Stadtpark sucht die Stadt nun neue Erzieher.

Beispiele wie diese häufen sich, und Berlin spielt da auch mit. Die Konsequenzen der Flüchtlingspolitik des Bundes haben das Ausländeramt überfordert, neue Stellen waren nötig, um auch die anstehenden Rückführungen und Abschiebungen bewältigen zu können. Im Bürgeramt gibt es derweil Dienstleistungen nur noch nach Terminvereinbarung. Das Personal fehlt.

Burkhard Mast-Weisz steckt in einem Dilemma. Der Mann, der so schlecht "Nein" sagen kann, der jeden Bürgerwunsch am liebsten persönlich bearbeitet und der den mit DOC und Co. bestens ausgelasteten Chef der Technischen Betriebe als Experten zum Bürgerdialog über Taubenprobleme dazu holt, weiß, dass der Stellenabbau das Herzstück des Stärkungspaktes in Remscheid ist. Ein Ende ist hier noch lange nicht in Sicht. Und klar ist auch: Steuererhöhungen für die Erledigung zusätzlicher Aufgaben im Rathaus wird der Rat ganz sicher nicht zustimmen.

(RP)
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