Rhein-Kreis Neuss Nie mit dem Lernen aufgehört

Rhein-Kreis Neuss · Angelika Riemann ist im Ruhestand. In den 13 Jahren an der Spitze des Kreismuseums Zons hat sie dem Haus eine eigene Handschrift gegeben - was nach der prägenden ihrer Vorgängerin Helene Blum-Spicker nicht einfach war.

 Angelika Riemann an ihrem alten Arbeitsort - im Kreismuseum Zons.

Angelika Riemann an ihrem alten Arbeitsort - im Kreismuseum Zons.

Foto: Lothar Berns

Ganz in Schwarz ist Angelika Riemann gekleidet. Aber sie wäre nicht sie, wenn es dafür nicht einen auffälligen Grund geben würde. Dieses Mal ist es ein großes Gingko-Blatt aus Silber, vom Grevenbroicher Künstler Joachim Conrad, sagt sie, das an einem Reif um ihren schwarzberollkragten Hals hängt und den Blick sofort auf sich zieht. Goethe sah in dem Blatt ein Sinnbild für die Freundschaft, es steht außerdem für Glück und Kraft - wie passend für eine Frau, die sich von diesen Dingen nicht nur im Leben tragen lässt, sondern sie auch zum Maßstab für ihre Arbeit als Chefin des Kreismuseum Zons gemacht hat.

"Ich spreche eigentlich nicht gern über mich", sagt die 65-Jährige und guckt sogar etwas unglücklich. Aber nun muss sie. Denn Angelika Riemann ist ganz frisch im Ruhestand, nach 13 Jahren an der Spitze des Kreismuseums und weiteren 18 Jahren unter ihrer Vorgängerin im Amt, Helene Blum-Spicker, wird es an der Zeit, einmal über sie zu sprechen. Ist aber wirklich nicht einfach, denn Riemann und ihre Museumsarbeit sind eigentlich eins. Das macht es auch so schwierig, sie sich als Ruheständlerin vorzustellen. Also geht doch da bestimmt noch was? "Nein", sagt sie ganz entschieden, "ich bin wirklich unglaublich froh, dass mit Karina Hahn eine neue und junge Generation das Museum übernimmt und werde mich ganz bestimmt komplett raushalten." Reimann hat ihre Nachfolgerin gewissermaßen angelernt, aber dass würde sie selbst nie so sagen. Lieber anders herum: "Ich habe unglaublich viel gelernt", sagt die 65-Jährige, meint damit überhaupt alles. Nicht nur neues Wissen, sondern vielmehr noch neues Denken und neues Sehen. "Ich wäre zum Beispiel nie auf die Idee gekommen, eine Ausstellung mit Gartenzwergen zu machen", sagt sie und lacht, "ich hatte große Vorurteile gegenüber diesen Figuren, aber Karina Hahn hat sie vom handwerklichen Können aus beurteilt und sich ihnen zusammen mit dem Sammler, der auch um die 30 ist, ganz unbefangen genähert. Die hohe Kunst der Keramikwerkstätten, in denen sie entstanden sind, haben mir die beiden erst beigebracht. Dafür bin ich unendlich dankbar."

Vermutlich macht diese Bereitschaft, Neues zu prüfen, aber eben auch zu akzeptieren, das innere Wesen von Angelika Riemann aus. Denn gradlinig ist auch ihr Weg nicht verlaufen. Die Düsseldorferin (sie wohnt noch immer dort) kam noch als Studentin der Kunstgeschichte ans Zonser Haus, blieb, wurde Stellvertreterin von Blum-Spicker, baute die Museumspädagogik auf und übernahm schließlich die Leitung des Hauses. Im Nachhinein war es genau richtig so, sagt Riemann lachend und erzählt von ihrem ersten "Lern"-Erlebnis. Der Museumspädagogik habe sie anfangs recht skeptisch gegenübergestanden, gesteht sie, aber das Stiefkind wurde zum Lieblingskind: "Ich habe nicht im mindesten geahnt, dass es mir so viel Freude macht, mit Kindern zu arbeiten!" Die Neugier bleibt: So will sich Riemann zunächst dem Leben und Werk des Architekten Bruno Taut widmen. Mal schauen, ob da nicht doch noch eine Ausstellung herauskommt.

Wenn es etwas gibt, dass sich jeder Museumschef hinter die Ohren schreiben sollte, dann ist es wohl dieser Riemannsche Satz: "Meine Verpflichtung sind unsere Besucher." Die seien so toll, sagt sie und schwärmt geradezu von den zig Begegnungen und Gesprächen mit Besuchern, die sie in ihrer Arbeit zum Nach- und Weiterdenken gebracht haben. Manche Idee für die Gestaltung des Hauses ist daraus entstanden. Natürlich findet sie es nicht so schön, dass die Besucherzahl tendenziell zurückgeht, weiß aber auch um die Ursache: Ein großer Teil ist über 65 Jahre. "Die größte Herausforderung wird sein, ein Museum für junge Menschen interessant zu machen", sagt sie und ist auch deswegen davon überzeugt, dass es für Zons an der Zeit ist, in jüngere Hände überzugehen. Sie hinterlässt jedenfalls ein bestens bestelltes Haus.

(hbm)
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