Solingen Bürgermeister besucht Ohligser "Sizilianer"

Solingen · Im Industriemuseum drängen sich rund 200 Besucher – fast alles Solinger, die aus Sizilien eingewandert sind. So stand der Abend auch ganz im Zeichen Siziliens. Zu Gast war Giuseppe Vitale, der Bürgermeister des Städtchen Trappeto. Aus diesem kleinen Ort mit 3200 Einwohnern kamen sehr viele Menschen, die nun überwiegend in Ohligs leben.

Im Industriemuseum drängen sich rund 200 Besucher — fast alles Solinger, die aus Sizilien eingewandert sind. So stand der Abend auch ganz im Zeichen Siziliens. Zu Gast war Giuseppe Vitale, der Bürgermeister des Städtchen Trappeto. Aus diesem kleinen Ort mit 3200 Einwohnern kamen sehr viele Menschen, die nun überwiegend in Ohligs leben.

Zwei Filme aus den 1960er Jahren machen deutlich, warum die Menschen damals nach Deutschland kamen. Es herrschte bittere Armut, von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter waren die Menschen gezwungen, sich irgendetwas einfallen zu lassen, um auf der Straße ein paar Lire verdienen zu können, wie der Mann, der den ganzen Tag Tür-schienen fettete und am Abend — wenn er Glück hatte — mit 500 Lire (damals 3,50 DM) nach Hause ging. Das musste der kinderreichen Familie ausreichen. Andere riskierten in den Schwefelgruben jeden Tag ihr Leben und starben nach zwanzig Jahren Knochenarbeit an der schleichenden Vergiftung durch die Schwefelgase.

Nach Deutschland kamen sie in der festen Absicht, genug Geld zu verdienen, um nachher wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Doch es kam anders. "Sie bekamen hier ihre Kinder und die meisten sind deshalb geblieben", weiß Maria Carroccio Ricchiuti vom Kommunalen Integrationszentrum, die selbst ihre Wurzeln in Sizilien hat. "Meine Eltern sind zurückgegangen", sagt sie, aber die Entscheidung sei nicht leicht gefallen.

Warum die Mehrzahl der in Ohligs lebenden Sizilianer aus Trappeto kommen, erklärt Manfred Krause, wissenschaftlicher Referent des Museums: "Typisch für Sizilien ist eine Ortsmigration. Wenn einer irgendwohin auswandert, so kommen die anderen nach." Man kenne sich, halte Verbindung in die Heimat und so baue sich allmählich ein Hilfenetz auf. Dadurch wurden beide Städte sehr verändert. Die in Solingen lebenden Sizilianer bauten in Trappeto neue Häuser, dafür brachten sie ihre Kultur in Solingen ein, was italienische Bäcker, Pizzerien und Feinkostläden zeigen.

"Das hat die Möglichkeit zum Wachstum gegeben in beiden Gemeinden", betont auch Bürgermeister Vitale. "So gibt es in Trappeto einen Stadtteil, der Solingen heißt." Er sei froh, dass sich viele seiner Mitbürger in Solingen bewährt hätten. In den fünf Tagen, in denen er Solingen besucht, möchte er viele seiner ehemaligen Bürger besuchen. "Ich habe heute schon eine große Runde gemacht", verrät er, denn die meisten Familien kennt er persönlich.

Maria Carroccio Ricchiuti sagt, was die meisten sizilianischen Migranten empfinden: "Wir haben in Solingen und in Sizilien ein Stück Heimat gefunden." So wandern sie bis heute zwischen zwei Welten.

(RP)
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