Solingen Lehrer klagen über zunehmende Gewalt

Solingen · Der Lehrerverband VBE schlägt Alarm: Zuletzt kam es in Solingen zu zwei extrem brutalen Attacken gegen Pädagogen. Der VBE gibt der Landespolitik die Schuld: Diese zwinge den Schulen die Inklusion auf, ohne Personal einzustellen.

Die Szenen waren schockierend. Gleich zweimal in den vergangenen Monaten ist es an Solinger Schulen zu massiven Angriffen von Schülern auf Lehrer gekommen. Wie der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) in der Klingenstadt, Jens Merten, am Donnerstag auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte, waren von den Gewaltausbrüchen sowohl eine Grundschule als auch eine weiterführende Schule betroffen.

"In einem Fall hat ein Schüler mit Pflastersteinen geworfen. Es war regelrecht lebensbedrohlich", betonte Merten, der zusammen mit seinem Verband nun grundlegende Änderungen in der Schulpolitik verlangt. "Viele Kinder, die im Zuge der Inklusion Regelschulen besuchen, sind unter den aktuellen Voraussetzungen nicht kontrollierbar", sagte der VBE-Chef. So seien viele Lehrer inzwischen am Ende ihrer Kräfte angelangt.

Dabei liegen die Gründe aus Sicht des Verbandes auf der Hand. Noch immer fehlten an den Schulen in Solingen Sonderpädagogen, die sich um die Schüler mit besonderem Förderbedarf kümmerten, hieß es gestern vonseiten des VBE. Und dies habe wiederum zur Folge, dass der Unterricht oft weder diesen Kindern, noch den "Regelschülern" gerecht werde.

Eine Entwicklung, die dem Lehrerverband zunehmend Sorgen bereitet und für die die Pädagogen die Landesregierung zumindest mit verantwortlich machen. "Die Gefahren werden sehenden Auges in Kauf genommen", klagte VBE-Mann Merten mit Blick auf die gewalttätigen Ausbrüche von auffälligen Schülern.

Wobei die Verantwortung für die Misere nach dem Dafürhalten des Verbandes auch bei etlichen Erziehungsberechtigten zu suchen ist. "Die psychische Gewalt von Eltern gegen Lehrer geht ebenfalls nach oben", berichtete Jens Merten aus dem Alltag vieler seiner Kollegen und führte in diesem Zusammenhang eine "Klagewelle" an, die gegen die Pädagogen angestrengt werde.

Einwände, die Josef Neumann, SPD-Landtagsabgeordneter für Solingen, nicht unwidersprochen stehen lassen will. Die Inklusion im Schulbereich würde der Behindertenrechtskommission der Vereinten Nationen entsprechen, unterstrich der Sozialdemokrat. Gleichwohl räumte Neumann ein, dass es beim gemeinsamen Unterricht von behinderten sowie nicht behinderten Kindern, neben "vielen guten Entwicklungen", an "Schnittstellen Probleme" gebe.

"So muss in Einzelfällen seitens der Schulleitung und des Schulträgers mit den betroffenen Eltern darüber diskutiert werden, ob der Besuch einer Regelschule wirklich das Beste für das Kind ist", sagte der SPD-Mann. Gleichzeitig betonte Neumann aber auch, der Wille der Eltern sei verfassungsrechtlich geschützt.

Deshalb habe das Land, so der Sozialdemokrat, in den zurückliegenden Jahren viele neue Stellen für Sonderpädagogen geschaffen. Wobei dieser Weg - trotz eines momentanen Arbeitskräftemangels - auch in Zukunft fortgesetzt werde. Und zudem habe man mit dafür gesorgt, dass nun ein Rechtsanspruch auf einen Integrationshelfer bestehe. In Sachen Inklusion an Schulen gelte NRW jedenfalls inzwischen vielfach als Vorbild, betone Neumann.

(or)
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