Tönisvorst Ein Kreuzweg für das Hier und Jetzt

Tönisvorst · Begleitend zur Fastenzeit stellt der Maler Herbert Thissen seine Version der Kreuzwegstationen in der Vorster Pfarrkirche St. Godehard aus. Ein Auferstehungsbild will er erst ab Ostersonntag zeigen.

 In seinem Berufsleben war er Modezeichner für die Industrie, als Rentner hat Ludwig Thissen die freie Malerei für sich entdeckt. Der heute 74-Jährige zeigt seine Kreuzweg-Stationen während der Passionszeit in St. Godehard.

In seinem Berufsleben war er Modezeichner für die Industrie, als Rentner hat Ludwig Thissen die freie Malerei für sich entdeckt. Der heute 74-Jährige zeigt seine Kreuzweg-Stationen während der Passionszeit in St. Godehard.

Foto: WOLFGANG KAISER

In dieser Verbindung des bereits Sichtbaren mit der Zusage einer dem Osterfest entsprechenden Fortsetzung erkennt Pfarrer Ludwig Kamm eine anschauliche Hinführung zur Freude über die Auferstehung. Zur Vernissage freute sich der Geistliche über einen guten Besuch der Ausstellung, die von Margarethe Jansen und Dorothea Aretz initiiert und organisiert wurde.

Thissen hat den Bilderzyklus auf zwölf Stationen angelegt und nach eigenem Bekunden in chronologischer Folge gemalt. In der Präsentation der Passionsgeschichte auf Staffeleien verzichtet er allerdings auf die strenge Abfolge und lädt die Betrachter zu einem Rundgang durch die gesamte Kirche ein. So ist seine Arbeit keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zum kircheneigenen Kreuzweg. Durchweg führt Thissen mit gegenständlichen Bezügen zum Thema, lässt aber in ab-strahierenden Momenten Freiraum zur Interpretation, die immer wieder Assoziationen an das Hier und Jetzt erlaubt.

Der heute 74-Jährige entdeckte mit dem Eintritt ins Rentenalter die Malerei für sich. Zuvor hatte er zunächst als Modezeichner für die Industrie gearbeitet und war dann 16 Jahre lang Leiter des Druckereibüros an der Hochschule Niederrhein. Im hinteren Seitenschiff begann er zur Vernissage eine Führung entlang des Bilderzyklus´ und sprach offen über Beweggründe und Symbole. Zur ersten Station "Jesus wird zum Tode verurteilt" verriet Thissen: "Ich bin davon ausgegangen, wie sich Jesus gefühlt haben mag. Und das war sicherlich immer anders. Bei der Gefangennahme stürzte alles auf ihn ein. Darum habe ich barock gemalt - das hießt, es ist viel drin im Bild". Den Pilatus habe er bewusst "knallhart hässlich" mit Fratze gemalt, so Thissen. In dieses Ölbild hat er die Worte "Was ist Wahrheit?" geschrieben, und angesichts des ungerechten Urteils das bekannte Symbol der Justitia hinzugefügt. Ein Teil des Bildes ist von flammenden Rot-/ Gelbtönen geprägt, die auch teilweise in anderen Arbeiten zu beobachten sind. Ebenso gibt es Beispiele, in denen die Farben eher zurückhaltend sind.

Die zweite Station ist wesentlich sparsamer gehalten als der Auftakt. Ein mehrfach geschichtetes Kreuz ist hier von einer Hand umfasst. "Die verschiedenen Lagen des Kreuzes sind wir, und Jesus packt uns", sagte Thissen dazu. Auch in anderen Arbeiten vertraut er auf überlieferte Motive der christlichen Symbolik wie auf Zeichen, die der Betrachter für sich finden muss. So muss etwa eine kleine Figur auf großem Felsen erst den weiten Weg zu Christus finden, um ihm als Simon von Cyrene beizustehen. In einer der zwölf Stationen ist Jesus in schattengleicher Silhouette dargestellt, beim sterbenden Christus sind Körper und Gesicht wie hinter Wolken zurückgenommen. Zuweilen ist der Leidende durch eine Hand symbolisiert, die ein Licht auszustrahlen scheint, doch niemals ist er mit Gesichtszügen dargestellt, die den Betrachter in seinen Gedanken einschränken könnten.

(anw)
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