Viersen Erste Hilfe für den Kernspintomographen

Viersen · Wenn das Auto kaputt geht, ist das ärgerlich. Wenn im Krankenhaus ein Gerät ausfällt, könnte das gefährlich werden - wenn es nicht Medizintechniker vor Ort gäbe. Ein Blick hinter die Kulissen im Allgemeinen Krankenhaus Viersen (AKH).

 Karsten Woelke (li.), Chefarzt Allgemeine Innere Medizin und Pneumologie mit einem Koloskop. Mit dem Gerät kann der Darm untersucht werden. Michael Cartelli wartet es.

Karsten Woelke (li.), Chefarzt Allgemeine Innere Medizin und Pneumologie mit einem Koloskop. Mit dem Gerät kann der Darm untersucht werden. Michael Cartelli wartet es.

Foto: Busch

Michael Cartelli weiß nie, was kommt, wenn sein Telefon klingelt. "Das ist das Spannende an meinem Beruf. Kann sein, dass am Beatmungsgerät ein Kontrolllämpchen aufleuchtet. Kann sein, dass ein Patient bei der Magenspiegelung den Schlauch durchgebissen hat. Kann aber auch sein, dass während der Operation gerade ein Monitor ausgefallen ist, weil einer mit dem Videoturm übers Kabel gefahren ist", erzählt der 47-Jährige. Dann wirft sich der Medizintechniker in sterile Kleidung und eilt in den OP.

 Der Chefarzt der Kardiologie, Nicolas von Beckerath, kümmert sich im Herzkatheterlabor gemeinsam mit Pflegedienstleiterin Barbara Vogel um eine Patientin. Allein die Einrichtung des Raums kostet eine Million Euro.

Der Chefarzt der Kardiologie, Nicolas von Beckerath, kümmert sich im Herzkatheterlabor gemeinsam mit Pflegedienstleiterin Barbara Vogel um eine Patientin. Allein die Einrichtung des Raums kostet eine Million Euro.

Foto: Foto; AKH

Cartelli arbeitet als Medizintechniker der Firma Philips im Allgemeinen Krankenhaus Viersen (AKH). Mit seinem Kollegen Gerd Füchsel ist er für Wartung, Prüfung und Reparatur aller medizinischen Geräte in dem 325-Betten-Haus zuständig - vom Blutdruckmesser bis zum Kernspintomographen. "Wir reden insgesamt über einen Wert von 13 Millionen Euro", sagt Cartelli.

Ein kostenintensiver Posten im Krankenhausbetrieb und einer, an dem die Qualität der Patientenversorgung hängt. "Das AKH gibt jährlich 1,6 bis 1,8 Millionen Euro für Unterhalt und Neubeschaffung medizinischer Geräte aus", sagt Dr. Thomas Axer, einer der beiden Geschäftsführer des AKH. Rund 880 000 Euro Zuschuss für Neu- und Ersatzinvestitionen erhält das AKH vom Land. "Die Summe orientiert sich am Leistungsspektrum des Krankenhauses", erklärt Axer.

Seit acht Jahren kauft das AKH Wartung, Prüfung und Reparatur aller medizinischen Geräte vom Technologie-Konzern Philips ein. Rund 3000 Mal im Jahr klingelt bei Cartelli und seinem Kollegen das Telefon. Er ist der Notarzt fürs technische Gerät. Wochenendbereitschaften gehören zum Job. "Es gibt aber eine Dienstanweisung, dass wir nicht für kleinere Dinge kommen müssen. Wohl aber zum Beispiel bei einem Stromausfall", sagt Cartelli, der Fernmeldetechniker gelernt hat. Bei der Bundeswehr hat er sich fortgebildet, den Meister in Elektrotechnik gemacht und sich dann auf Medizintechnik spezialisiert.

"Medizintechniker brauchen viel Erfahrung, und sie müssen stressresistent sein", sagt Stefan Kratzenberg, Cartellis Chef und Leiter von Healthcare Solutions bei Philips in Hamburg. Regelmäßige Schulungen auf neue Geräte und Technologien gehören für Cartelli zum Alltag. Medizintechniker müssen ihr Wissen auch an das Krankenhauspersonal weitergeben, denn im Medizinproduktegesetz ist verankert, dass jeder, der die Geräte benutzt, von einer autorisierten Person eingewiesen werden muss.

Die durchschnittliche Halbwertszeit von medizinischen Geräten liegt heute bei acht Jahren. Tendenz sinkend - wie bei Handys und Computern. "Die Zeiten, in denen man ein medizinisches Gerät mit dem Hammer reparieren konnte, sind vorbei", sagt Cartelli lächelnd.

Infusionspumpen gelten als langlebig. Anfällig hingegen seien die Geräte der Schlüssellochtechnologie, so Cartelli. Endoskope werden beispielsweise für Magen-, Darm- und Lungenspiegelungen benutzt. "Das sind filigrane Geräte aus Glasfasertechnik mit Seilzügen, die einen hohen Verschleiß haben", erklärt Cartelli. Ein Endoskop kostet um die 45 000 Euro. Rechnet man Videoprogramm, Lichtquelle und Monitor hinzu, kommt man schnell auf 80 000 bis 90 000 Euro.

Richtig teuer werden Reparaturen bei den Geräten der bildgebenden Diagnostik wie den Röntgengeräten und den Kernspintomographen. Kostenpunkt 800 000 bis eine Million Euro. Nach vier bis fünf Jahren gibt es ein Upgrade, und die Bildtechnik des Geräts wird erneuert.

Im OP kommen schwierige technische Ausfälle selten vor. "Man kann sich das wie beim Fliegen vorstellen: Vor dem Start checkt der Pilot im Cockpit alle Instrumente. Das geschieht vor einer OP auch", erklärt Cartelli. Fehler würden daher meist vorher bemerkt. Sollte es dennoch einen Ausfall geben, beispielsweise bei einem Beatmungsgerät, so kann der Patient mit einem Beatmungsbeutel von Hand weiter beatmet werden.

Es gibt Tage, da klingelt das Telefon zehn Mal, und es gibt Tage, da klingelt es gar nicht. Dann kümmert sich Cartelli um Routineprüfungen - zumindest, bis das Telefon klingelt. Das ist ja das Spannende an dem Beruf.

(RP)
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