Viersen Kunst aus Kugeln

Viersen · Viersener sollten Claes Oldenburg kennen - schließlich hat er Billardkugeln zur Kunst erhoben. Zu Beginn der Billard-WM hat sich unsere Autorin den Kugeln genähert.

Viersen: Kunst aus Kugeln
Foto: Blomen-Radermacher

Wäre ich einer der Teilnehmer der gestern in Viersen gestarteten Billard-Weltmeisterschaften, ich hätte vermutlich große Zweifel an der Bespielbarkeit der "Giant Pool Balls" von Claes Oldenburg, die da am Ufer des Münsteraner Aasees auf dem grünen Wiesentisch liegen und auf ... ja, worauf warten sie?

Ich würde mir den passenden Queue dazu vorstellen, den ich wohl kaum ohne Hilfe handhaben könnte. Würde mir genauso den Billardtisch vorstellen - wo würde der wohl anfangen und enden? Und überhaupt: DREI weiße Kugeln! Das stimmt doch alles vorne und hinten nicht.

Muss es auch nicht. Ist nämlich Kunst.

Claes Oldenburg ist der Künstler, der die "Giant Pool Balls" entworfen hat. Einen Durchmesser von dreieinhalb Meter haben sie, wiegen - obwohl sie hohl sind - elf Tonnen und sind aus Beton. Oldenburg verfremdet Alltägliches auf besondere Weise, indem er es ins Riesenhafte vergrößert oder in einem "falschen" Material nachbaut. Und eigentlich wollte er gleich 16 solcher Riesenkugeln im ganzen Stadtgebiet verteilen. Doch dafür fehlte das Geld.

So blieben die Kugeln zu Dritt. Es war der 6. Juni 1977, als sie in Münster, gleich am Ufer des Aasees, aufgestellt und verankert wurden. Und bei den Münsteranern große Verwunderung auslösten. Wie übrigens die gesamte Skulpturausstellung: die erste einer mittlerweile ausgesprochen renommierten und beliebten Ausstellung von Kunst im öffentlichen Raum. 1977 musste noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, bis eine solche Arbeit ihren Platz nicht allein am Aasee, sondern auch in den Herzen der Münsteraner fand.

Zehn Jahre später, zur zweiten Skulpturenausstellung, wünschte sich Oldenburg die Aufstellung einer weiteren Kugel. Das Projekt wurde abgelehnt.

Der Aasee mit seinen Ufern ist ein beliebter Treffpunkt für alle Münsteraner und Gäste. Hier ist immer viel los. Da bleibt es nicht aus, dass auch die Kunst ins Zentrum eines gewissen Interesses rückt: Die auch gerne mal als Ru(h)m-Kugeln oder Atomeier bezeichneten Kugeln werden regelmäßig bemalt, beschmiert (und wieder gereinigt), eine Kugel auch schon aus der Verankerung gekippt. Ein Student ließ anlässlich einer Protestaktion gegen das Bildungssystem eine vierte Kugel (aus Styropor) im Aasee schwimmen.

In den See rollen die Beton-Kugeln nicht, auch wenn sie sich auf der grünen Wiese in einer leichten Schieflage befinden. Jedenfalls nicht ohne den passenden Queue.

(b-r)
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