Viersen Trickreiche Wasserwerker vor Gericht

Viersen · Hochbetagte und gebrechliche Frauen sollen die drei Angeklagten mit ihrem "Wasserwerkertrick" hereingelegt und um 143 000 Euro betrogen haben. Jetzt mussten die Männer (31, 33 und 43 Jahre alt) vor der Zweiten Strafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts auf der Anklagebank Platz nehmen.

 Gewissenskonflikte entbinden gläubige Menschen nicht unbedingt von beruflichen Aufgaben, entschied das Freiburger Arbeitsgericht.

Gewissenskonflikte entbinden gläubige Menschen nicht unbedingt von beruflichen Aufgaben, entschied das Freiburger Arbeitsgericht.

Foto: ddp, ddp

Zu Prozessbeginn hatte der Staatsanwalt das Wort. In anderthalb Stunden verlas er die umfangreiche Anklage. Den aus Haltern am See und aus Marl stammenden Männern wirft der Anklagevertreter gewerbsmäßigen und gemeinschaftlichen Betrug vor.

Die Angeklagten ließen sich in keiner Weise anmerken, ob sie von den massiven Vorwürfen beeindruckt waren. Das war erstaunlich. Schließlich haben sie laut Anklage die Hilflosigkeit der über 80 und 90 Jahre alten Opfer auf miese Art ausgenutzt. In den Monaten Januar bis November 2009 waren die falschen Handwerker unter anderem in Viersen, Mönchengladbach, Dortmund, Krefeld, Duisburg, Moers und Münster auf Tour.

In 25 Orten präsentierten sich die falschen Handwerker oder Versicherungsvertreter an den fremden Wohnungstüren. In unterschiedlicher Tatbeteiligung sollen sie sich meistens mit den Worten: "Ich komme vom Wasserwerk oder von den Stadtwerken" vorgestellt haben. Die Namen der Opfer hatten sie vorher aus Telefonbüchern ausgesucht, so die Ermittlungsergebnisse. "Sie haben zu viel gezahlt", machten sie den Frauen weis. Sie hätten Anspruch auf Rückzahlung.

Ließen die Bewohnerinnen danach gutgläubig die "Wasserwerker" in die Wohnung, kam die Masche mit dem "großen Geldschein", den das Opfer wechseln sollte. Offenbarten die Seniorinnen den Aufenthalts- ort von Portemonnaies oder Geldkassetten, wurden sie durch Telefonanrufe eines Mittäters abgelenkt.

Das nutzte der falsche Handwerker aus. Manchmal reagierte eine Bewohnerin unerwartet. So öffnete eine Seniorin nicht ihre Wohnungstür. Sie empfahl dem angeblichen Mitarbeiter der Stadtwerke: "Gehen Sie doch zur Sparkasse und lassen den großen Schein dort wechseln". So hieß es gestern in der Anklageschrift. Meistens hatten die Angeklagten mit ihren phantasievollen Betrugsversionen Erfolg. "Ich komme von der Telekom. Ihr Telefon ist gestört. Ich will es reparieren", soll sich einer der Angeklagten vorgestellt haben.

Nach einem Rechtsgespräch schlug der Kammervorsitzende eine Höchststrafenvereinbarung vor. Sollten die drei Angeklagten ein Geständnis ablegen, können sie — je nach Tatbeteiligung — mit Strafen zwischen zwei und vier Jahren ohne Bewährung rechnen. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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