Hamminkeln Van Nahmens Sekt erobert den Markt

Hamminkeln · Die Hamminkelner Obstkelterei hat mit ihrem Fruchtsecco riesigen Erfolg. Der Absatz hat die Erwartungen übertroffen.

Peter van Nahmen ist manchmal selbst erstaunt darüber, welche Entwicklung der Familienbetrieb, den er selbst liebevoll "kleiner Saftladen" nennt, in den vergangenen Jahrzehnten genommen hat.

Peter van Nahmen ist manchmal selbst erstaunt darüber, welche Entwicklung der Familienbetrieb, den er selbst liebevoll "kleiner Saftladen" nennt, in den vergangenen Jahrzehnten genommen hat.

Foto: Pottgiesser

Mit ihren Säften hat es die Obstkelterei van Nahmen bekanntlich längst bis ins Schloss Bellevue geschafft. Mittlerweile aber haben die Hamminkelner Saftmacher auch in einer Sparte Erfolg, bei der gerade große Produzenten glücklich sind, dass es sie gibt: alkoholfreier Sekt beziehungsweise Prosecco. Zum Jahreswechsel jubelten besonders Branchenriesen wie Henkell oder Rotkäppchen-Mumm über den Erfolg ihrer alkoholfreien Varianten. In Hamminkeln freut man sich auch, stiller zwar, dafür aber umso mehr. Nach rund fünfjähriger Entwicklungszeit brachte van Nahmen 2015 drei Fruchtseccos auf den Markt: Apfel-Quitte, Traube und Apfel-Johannisbeere-Himbeere. Fruchtig, mild und trocken. Der Absatz habe die Erwartungen übertroffen, sagt Peter van Nahmen. Nicht schlecht für "einen kleinen Saftladen".

So nennt der Geschäftsführer den Familienbetrieb, den er mit Vater Rainer führt, gerne. Mit humorvoller Koketterie grenzt man sich hier von den Riesen ab. Den Margen der großen Konzerne setzen sie in Hamminkeln Kreativität und Qualität entgegen. So werden die Fruchtseccos auf Basis von 100 Prozent Frucht hergestellt. Damit verfolge man schon einen ganz anderen Ansatz, so Peter van Nahmen. Die Saft-Cuvees werden in Hamminkeln hergestellt, die Verperlung übernimmt ein Unternehmen im badischen Raum.

Mit diesem Produkt ist van Nahmen womöglich auf dem besten Weg, ähnlich erfolgreich zu werden wie mit seiner Kernkompetenz. Saft hat längst den gesellschaftlichen Aufstieg geschafft. Während er in den 70er- und 80er-Jahren meist als Konzentrat aus der Papptüte ins Glas floss, haben ihn seit einigen Jahren die Feinschmecker für sich entdeckt. "Wie bei Weinen schmeckt man auch bei guten Säften eine unglaubliche Fülle an Aromen", sagt Romana Echensperger. Bis 2010 war sie Chef-Sommelière im Gourmet-Restaurant Vendôme auf Schloss Bensberg bei Köln. Das Sterne-Restaurant bietet zu den Menüs von Joachim Wissler, der zur internationalen Kochelite gehört, eine eigene Getränkekarte. Und zwar ausschließlich mit Säften von van Nahmen. "Ich kenne sonst niemanden, der das mit einer solchen Perfektion und Leidenschaft macht", lobt Echensperger den Familienbetrieb.

Peter van Nahmen hat die Expertin, mittlerweile selbstständige Fachberaterin und Weinjournalistin, engagiert. Die Sommelière analysiert die Saftsorten, schreibt Aromaprofile zu Sorten wie "Schöner von Boskop", "Kaiser Wilhelm" oder "Konstantinopeler Apfelquitte" und empfiehlt dazu Speisen und Gläser. Sätze wie diese sind da zu lesen: "Eine angenehme Süße verstärkt die Fruchtaromatik am Gaumen, die milde Säure ist gut eingebunden, und der Mund wird von einer samtigen, fast sahnigen Textur ausgekleidet — gebündelte Sonne im Glas."

Manchmal staunt Peter van Nahmen noch, welche Wandlung der 1917 als Rheinische Apfelkrautfabrik gegründete und seit 1930 als Obstkelterei geführte Betrieb durchgemacht hat. Vor allem im vergangenen Jahrzehnt. Auslöser war, dass das Warenhaus Manufactum 2006 bei einem Streuobstwiesenfest auf die Hamminkelner aufmerksam wurde. Aus der Begegnung entstand die Idee, erstmals sortenreinen Saft der Roten Sternrenette zu produzieren. "Wir haben uns damals gefragt, ob wir das überhaupt machen können, einen Saft für 3,90 Euro zu verkaufen", erinnert sich der 46-Jährige, dessen teuerstes Produkt aus Bio-Waldheidelbeeren heute 8,99 Euro pro Flasche kostet.

Sie konnten. Manufactum nahm die Säfte in seinen Katalog auf. "Und dann ging das seinen Weg", beschreibt der Geschäftsführer. Dabei half ihm auch sein früherer Job in der Weinbranche. Über das alte Kontaktnetz der Weinhandelsvertreter landeten die Flaschen vom Niederrhein in großen Kaufhäusern wie dem Berliner KaDeWe, dem Hamburger Alsterhaus oder dem Londoner Harrods.

Und so kam es, dass vor ein paar Jahren das Bundespräsidialamt anrief. "Ich dachte, das kann doch nicht sein, dass die sich hier in unserem kleinen Saftladen melden." Der Küchenchef des Bundespräsidenten, Jan-Göran Barth, hatte seine Fleischgerichte mit Quittennektar von van Nahmen veredelt, was dem Bundespräsidenten - damals noch Horst Köhler - offenbar gemundet hatte. Kurzerhand wurde der kleine Saftladen zum Sommerfest eingeladen und gehört seitdem zu den Stammgästen, die ihre Produkte anbieten dürfen. "Das ist schon toll, wenn sich zum Beispiel Sarah Wiener durch unsere Säfte probiert."

Fernsehköchin und andere Prominenz hin oder her — die Hamminkelner sind so bodenständig geblieben wie ihre Region. "Wir machen das nicht mit Service-Personal", sagt der Chef. Jedes Jahr dürfen andere Mitarbeiter mit nach Berlin fahren und beim großen Tamtam rund ums das Schloss Bellevue einmal dabei sein. Diesmal präsentierten sie Joachim Gauck und Gästen auch den neuen Fruchtsecco, in Piccolo-Flaschen mit goldenem Strohhalm. Produziert wird Saft in dieser Geschmacksklasse nicht aus Supermarktäpfeln, sondern aus alten Obstsorten, die auf natürlichen Streuobstwiesen in der Region wachsen.

(jum/pho)
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