Wesel Von Trauer, Zuversicht und Freude

Wesel · Ein Konzert, das nachklingen wird: Das Barockensemble "Il Flaminio" brilliert in der Bislicher St.-Johannes-Kirche.

 Das Barockensemble "Il Flaminio", Sopran und Altus in der Bislicher Kirche. Dank für ein großes Konzert.

Das Barockensemble "Il Flaminio", Sopran und Altus in der Bislicher Kirche. Dank für ein großes Konzert.

Foto: roos

Trauer, die sich löst aus der Befangenheit im Diesseits, sich von der Zuversicht auf das gnadenreiche Jenseits geleiten lässt und tiefe Freude erlebt - das war das große Thema des Bislicher Konzerts am Allerheiligen-Tag. Die atemlos Lauschenden in der St.-Johannes-Kirche verstanden die Sprache der Musik. Klar, einfach im ganz positiven Sinn, genial, aber ohne betörend tönendes Rankenwerk klang sie auf, meisterlich wiedergegeben vom Barockensemble "Il Flaminio".

Zuerst Georg Philipp Telemanns Sonata II da Quatrieme Livre de Quatuors (1752) - so frisch, so unbeschwert wie ein junger Tag. Das Adagio sang die erste Violine dem Licht zu. Empfindsam begleiteten zweite Violine, Viola, Gambe und Orgel. Im Allegro tänzelte solch eine belebende Spielmusik, dass an der Truhenorgel dem Leiter des Ensembles, Andreas Boos, die Begeisterung anzusehen war. Sinnendes Innehalten im zweiten Adagio, große Freude im stark rhythmisierten Schluss-Allegro. Und jetzt schon bewundernder Applaus für die vorzüglichen Interpreten.

Worauf Giovanni Batista Pergolesis Erzählung von der schmerzensreichen Mutter Jesu, im "Stabat Mater", letztlich hinweist, war mit Telemann vorbereitet. Die Aufnahmefähigkeit für die Empfindlichkeit mütterlichen Mitleidens war zu spüren. Einzelne Laute des Entsetzens sprangen anfangs in der Musik auf, beruhigten sich bald, kristallisierten sich in reinen Gedanken, in der Hingabe an die göttliche Verheißung. Sopran und Altus sangen bewundernswert sinndeutend sowie technisch makellos. Genauso spielten die Instrumentalisten.

So wurde in den Hörern das innere Bild der Mutter, die unter dem Kreuz stehend das Sterben ihres Sohnes miterlebt, in zunächst herber, sich dann dem Tröstlichen zuwendender Klangsprache ergreifend gezeichnet. Das Ungeheuerliche wurde menschlich fassbar. Der Klage wurde ein weiter Atem gewährt, der Hoffnung auch heutiger Menschen wurde Raum gegeben. Die Unwägbarkeiten des Diesseits harmonisierten sich in der Ahnung des Paradieses. Freude erhob sich. "Amen- Amen", so schloss das lange innige Gebet. Denn das war die Klang-Sprache Pergolesis. Dankbarer, lang anhaltender Applaus für ein Konzert, das nachklingen wird.

Aufgeführt haben es Petar Mancev (erste Violine), Natascha Lenhartz (zweite Violine), Laura Jebsen (Viola), Haruno Ikeda (Gambe). Sie spielten auf Instrumenten des 18. Jahrhunderts. Evelyn Ziegler (Sopran), Enguerrand Cuisset (Altus) und der offenbar beflügelnde Leiter Andreas Boos (Orgel). Ein Extra- Dank an die Gruppe "Pro Musica Bislich" für ihre hervorragende Programmgestaltung.

(hb-)
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