Wülfrath Jugendliche Migranten finden schwer in den Beruf

Wülfrath · Die Leiterin des Kreisintegrationszentrums, Arlin Cakal-Rasch, hilft bei der gesellschaftlichen Orientierung.

 Die Leiterin des Kreisintegrationszentrums, Arlin Cakal-Rasch (r.), im Gespräch mit Aynur Sariaslan.

Die Leiterin des Kreisintegrationszentrums, Arlin Cakal-Rasch (r.), im Gespräch mit Aynur Sariaslan.

Foto: Dietrich Janicki

Über Integration wird viel geredet, in Wülfrath, Mettmann und im gesamten Kreis. Jüngst auch bei der Integrationskonferenz. Dass eine Teilnehmerin dort wohlgemeint öffentlich von "Nullsprachlern" redete und damit Kinder mit geringer Kompetenz der deutschen Sprache meinte, lässt deutlich werden: Es kann nicht genug darüber gesprochen werden. Dass dem sensiblen Thema der Integration durch gedankenlosen Sprachgebrauch kein guter Dienst erweisen wird, mag nur ein kleiner Aspekt sein. Für die Diskussion gilt: Integration darf keine Einbahnstraße sein.

Welche Integrationshürden es gibt, lässt sich an der Lebensgeschichte von Aynur Sariaslan ablesen. Die 34-jährige Mettmannerin ist in Deutschland geboren, nachdem die Eltern vor mittlerweile 40 Jahren aus der Türkei eingereist waren. Sie folgen dem damals offen vorgetragenen Werben um Arbeitskräfte und lebten stetig in dem Gefühl, irgendwann wieder in die Heimat zurückkehren zu wollen.

"Die Sprache war immer ein Problem", erinnert sich Aynur Sariaslan an die Schwierigkeiten der Eltern, die schließlich der Kinder und Enkel wegen in Deutschland geblieben sind. Dabei sei es keineswegs so gewesen, dass es Berührungsängste mit der deutschen Sprache gegeben hätte. Allerdings hätten weder Mutter noch Vater je eine Schule besucht. An Kursen teilnehmen, strukturiertes Lernen und all das in einem fremden Land: An dieser Überforderung seien die Eltern gescheitert. Was Mutter und Vater nicht gelang, wollten die Kinder nicht nur besser, sondern besonders gut machen. "Ich wollte unbedingt etwas lernen", spricht Aynur Sariaslan mit Stolz über ihre guten Schulnoten.

Dass der Französischlehrer nach endlosen, aufgezwungenen Diskussionen über Religion die damals 13-Jährige derart verunsichert hat, dass die Note von Eins auf Drei rutschte, hat sie bis heute nicht verkraftet. Irgendwann folgte der Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule, und als Aynur Sariaslan nach dem guten Schulabschluss heiraten und Mutter werden wollte, waren es die Eltern, die nicht zufrieden waren. "Sie wollten, dass ich eine Lehre mache oder nach dem Abitur studiere", erinnert sich Aynur Sariaslan.

Mittlerweile gehen ihr Sohn und ihre Tochter zur Schule, und sie möchte gern arbeiten. "Ich habe eine Ausbildung zur Reisebürokauffrau gemacht und bewerbe mich seit drei Jahren." Bislang habe sie jedoch nur Absagen bekommen. Einmal sei sie zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden, aber auch dort folgte eine Ablehnung. Begründung: Man fürchte beim Anblick ihres Kopftuches um das Ausbleiben der Kundschaft.

"Ob mit oder ohne Kopftuch - Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte haben es schwer. Dabei reicht bei den Jungen ein Pflaum am Kinn, und schon sind Berührungsängste da", glaubt Arlin Cakal-Rasch. Die Leiterin des Kreisintegrationszentrums kennt die Schwierigkeiten von Menschen mit Migrationshintergrund. Auch ihr wurde damals mit einer Drei auf dem Zweierzeugnis nur die Hauptschulqualifikation bescheinigt. "Hätte ich mich nicht konsequent darüber hinweggesetzt, wäre es schwieriger geworden", sagt sie. Ihre berufliche Karriere sieht sie als glückliche Fügung. Was so viel heißt wie: Jugendliche mit Migrationshintergrund brauchen neben guten Noten auch viel Glück, um beruflich Fuß fassen zu können. "Es ist immer noch so, dass ein ausländisch klingender Name die Suche nach einem Ausbildungsplatz erheblich erschwert", sagt Cakal-Rasch. Dabei hätten Menschen mit Zuwanderungsgeschichte besondere Potenziale vorzuweisen. "Sie haben durch die Herausforderung, sich in unterschiedlichen Kulturen zu bewegen, gelernt, sich auch in unterschiedlichen Systemen zurechtzufinden."

(magu)
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