Xanten Kontroverse um Karnevalsmotto in Birten

Xanten · Die Organisatoren des Karnevalsfrühschoppens haben die Themen des Jahres im Dorf zum Motto gemacht: Drogenplantage und Bahnübergang. Da es dort auch Tote gab, gibt es Kritik am jecken Viktoria-Spruch.

 Das Frühschoppen-Plakat der Viktoria: Das Motto kann durchaus missverstanden werden, sagen die Kritiker.

Das Frühschoppen-Plakat der Viktoria: Das Motto kann durchaus missverstanden werden, sagen die Kritiker.

Foto: Viktoria Birten

Am kommenden Sonntag gehen von 11.11 Uhr an im Birtener Schützenhaus die Uhren anders. Der Sportverein vor Ort lädt zum zwölften Karnevalsfrühschoppen ein. Das Motto, das der Vorstand in diesem Jahr ausgewählt hat, finden aber nicht alle Birtener lustig. "Ob Bahnübergang oder harte Drogen - Viktorias Karneval glättet alle Wogen!" haben sich die Gastgeber diesmal ausgedacht. So steht's auf dem großen Plakat des SV Viktoria Birten (links). "Überhaupt nicht witzig", sagt Renate Wirth.

Für die Krimi-Autorin sind die Themen viel zu ernst, als dass man sie für die jecke Zeit instrumentalisieren sollte. Das Motto kann missverstanden werden. Am unbeschrankten Bahnübergang an der Römerstraße hatte es im Mai 2017 einen tödlichen Unfall gegeben.

Ein Regionalzug war mit einem Pkw zusammengestoßen und hatte das Auto mehrere hundert Meter mitgeschleift. Für den 80-jährigen Fahrer aus Xanten kam jede Hilfe zu spät. Im September gab's in Birten einen Großeinsatz der Polizei. In einem Gehöft wurde eine Marihuana-Plantage entdeckt. Zudem fanden die Beamten dort 1200 Ecstasy-Pillen. Die beiden Themen seien zu ernst, um sich darüber Witze zu machen. "Pietätlos", findet Wirth sogar. Und wenn sie über Zugunfälle in Birten spricht, muss sie gleich an die Bollerbrücke und die Selbstmörder denken, die an dieser Stelle vor den Zug gesprungen sind.

Xanten: Kontroverse um Karnevalsmotto in Birten
Foto: H.Glader

Frank Tekath, der Vorsitzende der Viktoria, kann die Aufregung nicht verstehen. Während der Mottosuche habe niemand die Befürchtung geäußert, dass der Spruch womöglich falsch aufgefasst werden könnte. "Es geht um die anhaltende Diskussion über den Bahnübergang, ob er stillgelegt oder eine Schranke bekommen soll. Das war im vergangenen Jahr genauso Gesprächsthema in Birten wie der Drogenfund", sagt Tekath, der mit dem ehemaligen Viktoria-Chef Ralf Rynders und Geschäftsführerin Angela Hügen den Leitspruch für die Sitzung aus drei Vorschlägen ausgewählt hat.

Werner van Gemmern, Präsident des Xantener Blutwurstkomitees, findet an dem Motto ebenfalls nichts Verwerfliches: "Mir ist das nicht krumm aufgestoßen. Es ist doch außerdem Karnevalszeit. Das muss man locker nehmen. Nicht alles, aber vieles sollte möglich sein." Dietmar Leyendecker, CDU-Ratsmitglied aus Birten, bläst ins gleiche Horn. Er vermutet, dass sich die Organisatoren des Frühschoppens allein auf die "Lautstärke der Debatte" über die Sicherung des unbeschrankten Bahnübergangs "im politischen Raum beziehen".

Die Diskussionen in dem entsprechenden Bezirksausschuss, den Leyendecker selber geleitet hat, seien teilweise grotesk gewesen. Seelsorger Lars Lindemann, Vize-Vorsitzender der Viktoria, findet, dass es zur jecken Zeit erlaubt sein muss, "Themen auch durch eine andere Brille zu sehen". Allerdings dürfe man "Drogenkonsum nicht verharmlosen". Für Renate Wirth steht jedenfalls fest, dass sich die Birtener Karnevalisten diesmal fürs falsche Motto entschieden haben: "Bei diesen beiden Themen kann man keine Wogen glätten."

(PUT)
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