Sauerland-Gruppe Ermittler jagen Terror-Komplizen

Frankfurt/Main (RPO). Überraschende Wendung in dem Fall der Sauerland-Gruppe: Nach den umfangreichen Aussagen der mutmaßlichen Terroristen steht ein weiterer Terrorverdächtiger im Fokus der Ermittler. Ein Haftbefehl wird vorbereitet. Zudem ist ein Islamist aus Essen ins Fadenkreuz der Justiz geraten.

Der Auftakt vom "Sauerland-Prozess"
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Laut einem "Focus"-Vorabbericht bereitet die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl gegen einen in Ludwigshafen geborenen 30-jährigen Türken vor, der eine zentrale Rolle in der Gruppe und bei der Beschaffung der Zünder für den geplanten Anschlag gespielt habe. Laut "Spiegel" soll der Mann als V-Mann für den türkischen Geheimdienst gearbeitet haben, der ihn in Kooperation mit der CIA geführt habe.

Der mutmaßliche Kopf der Sauerländer Terrorzelle, Fritz Gelowicz, habe den Türken vor mehreren Jahren auf einer Internetplattform kennengelernt und in der Türkei besucht, schreibt der "Focus". Den Aussagen der Terrorverdächtigen zufolge sei er für die Beschaffung der Zünder von zentraler Bedeutung gewesen. "Ohne ihn wären wir nicht dazu in der Lage gewesen", zitiert das Magazin Atilla Selek.

Während der "Focus" schreibt, dass die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl vorbereite, berichtet der "Spiegel", die Behörde zögere mit der Festnahme, weil die Verwicklung des Mannes in Geheimdienstaktivitäten diplomatische Probleme nach sich ziehen könne. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Frank Wallenta, wollte dies nicht kommentieren und sich auch nicht zu den Aussagen der Angeklagten im Terrorprozess äußern. Er wies aber unabhängig vom konkreten Fall darauf hin, dass die Bundesanwaltschaft Recht und Gesetz sowie einem konkreten Tatverdacht verpflichtet sei.

V-Mann für türkischen Geheimdienst

Laut "Spiegel" stand der 30-Jährige schon früh in Kontakt mit dem türkischen Geheimdienst, für den er nach seinem Untertauchen in Istanbul Ende 2002 als V-Mann gearbeitet habe. Die deutschen Behörden seien über das Projekt schon früh informiert gewesen.

Selek habe angegeben, dass der 30-Jährige bei Zusammenkünften gelegentlich für eine Stunde verschwunden sei, offenbar, um Ermittler zu treffen. Einmal sei er nach einer Unterbrechung zurückgekehrt und habe plötzlich gewusst, dass die deutschen Behörden gegen eine Gruppe von Islamisten ermittelten, wobei auch die Namen der Gruppenmitglieder gefallen seien. "Dann sagte er mir, dass er diese Informationen vom Geheimdienst klauen würde", sagte Selek demnach.

Islamist aus Essen im Visier

Die Bundesanwaltschaft ermittelt zudem gegen einen Islamisten aus Essen, der im Verdacht steht, einen Sprengstoffanschlag geplant zu haben. Ende Juni hatten Polizeibeamte den Medizinstudenten Ali R. festgenommen, weil seine Duldung in Deutschland abgelaufen war.

Bei seiner Durchsuchung stießen die Ermittler auf einen Datenträger mit Dokumenten zum Einsatz von Bomben und Sprengfallen und mit einem Propagandavideo. Eine Auswertung seines Mobiltelefons ergab mehrere SMS, die den Fahndern verdächtig vorkamen. Inzwischen hat das Bundeskriminalamt die Ermittlungen übernommen.

Der 1997 aus dem Gazastreifen nach Deutschland gekommene Student ist den Staatsschützern kein Unbekannter. Er ist in der Anti-Terror-Datei von Bund und Ländern seit 2005 als "relevante Person" eingetragen und gilt als Sympathisant militanter Islamisten. Der 29-Jährige hatte in der Essener Moschee als Vorbeter fungiert. Er sitzt derzeit in Büren im Gefängnis.

(AP/ndi)
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