Pfusch im Kölner Untergrund Kölner U-Bahn: Fluten für die Sicherheit

Köln (RP). Nach dem Baupfusch an der Kölner U-Bahn bezweifeln Statiker, dass die Schlitzwände an der Haltestelle Heumarkt dem Grundwasserdruck stand halten. Der Deutsche Wetterdienst sagt schwere Niederschläge voraus, die das Rheinhochwasser am Wochenende weiter ansteigen lassen werden.

Das Netz spottet über den Kölner U-Bahn-Pfusch
10 Bilder

Das Netz spottet über den Kölner U-Bahn-Pfusch

10 Bilder

Robert Lütjemeier hat keine guten Nachrichten. "Der Rhein steigt stündlich um fünf Zentimeter an", sagt der Mitarbeiter der Kölner Hochwasserschutzzentrale. "Möglicherweise klettert der Pegel am Wochenende auf sieben Meter", sagt der Experte. Ein Wert, der für die Kölner U-Bahn-Baustelle Einsturzgefahr bedeutet.

Nach dem Bekanntwerden des Pfuschs an dem Bauprojekt befürchten die Statiker der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), dass die Schlitzwände an der U-Bahn-Haltestelle Heumarkt dem steigenden Grundwasserdruck nicht standhalten. Deshalb müssen die KVB jetzt die Notbremse ziehen. "Eine Flutung der Baugrube soll das Bauwerk sicher machen", sagt KVB-Sprecherin Gudrun Meyer.

Rettungsaktion startet am Samstag um 12 Uhr

Am Samstag um 12 Uhr soll die Rettungsaktion starten. Bis Sonntagfrüh sollen rund 14,5 Millionen Liter Wasser in den Rohbau gepumpt werden. Ein Vertreter des Konzerns Bilfinger Berger hatte die Aktion noch gestern bei einer Anwohnerversammlung für überflüssig erklärt. Die Grube sei sicher, sagte Geschäftsführer Jochen Keysberg.

Doch die KVB und Stadt Köln gehen nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen lieber auf Nummer sicher. Die Flutung der U-Bahn-Baustelle fällt fast mit dem Jahrestag des Archiveinsturzes am 3. März 2009 zusammen. Die Ermittlungen zur Unglücksursache dauern immer noch an. Im Zusammenhang mit den Nachforschungen waren zuletzt gravierende Mängel ans Licht gekommen.

So wurde festgestellt, dass in den Schlitzwänden in der Baugrube Heumarkt Stabilisierungsbügel nicht eingebaut wurden und Messprotokolle in großem Stil gefälscht wurden. Die Eisenbügel waren von Bauarbeitern an einen Schrotthändler verhökert worden. Die Baufirma Bilfinger Berger suspendierte drei Mitarbeiter, die in die kriminellen Machenschaften verstrickt sein sollen.

Wie am Freitag bekannt wurde, hatten Arbeiter wenige Wochen vor dem Einsturz Risse und Löcher in der Wand vor der Schule entdeckt. Eines der Löcher soll einen halben Quadratmeter groß gewesen sein. Aus Unterlagen, die dem WDR-Regionalstudio Köln vorliegen, geht hervor, dass die KVB davon ausging, dass dadurch in dem Untergrund vor dem Gymnasium Hohlräume entstanden sein könnten. Dies hätte nach Ansicht von Experten wie dem Präsidenten der Ingenieurkammer Bau NRW, Heinrich Bökamp, sofort einen Baustopp für die Baustelle Waidmarkt auslösen müssen.

Die KVB habe jedoch die zuständige Bauüberwachung der Düsseldorfer Bezirksregierung nach deren Angaben nicht über die massiven Probleme informiert, sonst hätte die Behörde nach eigenem Bekunden einen sofortigen Baustopp verhängt, hieß es am Freitag.

Hochwasser durch Tauwetter

Das aktuelle Hochwasser wird vorm allem durch die Schneeschmelze in den Einzugsgebieten des Rheins ausgelöst. Der Deutsche Wetterdienst in Essen rechnet damit, dass am Wochenende starke Niederschläge gibt. "Das Tief Xynthia kann Orkanstärke erreichen", sagt Franz Josef Molé, der Leiter des Wettervorhersagedienstes.

Wie lange die Baugrube in Köln unter Wasser steht, ist derzeit noch unklar. Ein Sprecher der Stadt Köln rechnet nicht damit, dass nach der Schneeschmelze weitere Hochwasser anstehen. Angeblich soll die Flutung keine schweren Schäden hinterlassen.

Düsseldorfer U-Bahn offenbar nicht gefährdet

Experten der Stadt Düsseldorf rechnen nicht damit, dass die U-Bahn-Baustelle in der Landeshauptstadt durch das Hochwasser gefährdet wird. Allerdings wurden in der Vergangenheit auch dort Tiefgaragen in Rheinnähe geflutet, um die Standsicherheit der Gebäude nicht zu gefährden. Die Flutung des Kölner U-Bahn-Schachts dürfte Schaulustige enttäuschen. Da in dem Bauwerk einen Zwischdenecke eingezogen wurde, ist Passanten die Sicht auf das Spektakel versperrt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort