Frühere RAF-Terroristin Verena Becker aus Haft entlassen

Karlsruhe (RPO). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Haftbefehl gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker aufgehoben. Der 3. Strafsenat des BGH ordnete am Mittwoch in Karlsruhe an, dass Becker aus der Untersuchungshaft in Berlin zu entlassen sei.

Ex-RAF-Terroristin Becker von der Vergangenheit eingeholt
9 Bilder

Ex-RAF-Terroristin Becker von der Vergangenheit eingeholt

9 Bilder

Die im Zusammenhang mit dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback verdächtigte Ex-Terroristin Verena Becker ist am Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe hob einen entsprechenden Haftbefehl auf. Die 57-Jährige ist zwar verdächtig, Beihilfe zum RAF-Attentat 1977 geleistet zu haben. Die Vorwürfe wurden von den Richtern aber abgeschwächt. Außerdem sehen sie weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr.

Nachdem DNA-Spuren Beckers an einem Bekennerschreiben gefunden und bei einer Durchsuchung Unterlagen beschlagnahmt worden waren, erließ ein Ermittlungsrichter im August Haftbefehl wegen Mittäterschaft. Der Staatsschutzsenat geht dagegen nur noch von Beihilfe aus, die weniger hart bestraft wird. Becker habe keine so hohe Strafe mehr zu erwarten, dass ein wesentlicher Fluchtanreiz bestehe. Wie die ermittelnde Bundesanwaltschaft gehen die Richter nicht davon aus, dass Becker Schützin oder Fahrerin bei dem Attentat war.

Beckers Verteidiger Walter Venedey begrüßte den Beschluss. "Ich halte das für eine rechtsstaatlich begrüßenswerte Entscheidung." Sie basiere auf einer umfassenden Bewertung der Ermittlungen. Die Beweismittel würden in der Hauptverhandlung geprüft. "Dem sehen wir mit Gelassenheit entgegen", sagte der Anwalt der Nachrichtenagentur DAPD. Becker wurde demnach noch am Mittwoch aus dem Frauengefängnis im Berliner Stadtteil Pankow entlassen.

Anklage bis Ende März

Die Bundesanwaltschaft hatte Ende vergangener Woche angekündigt, die frühere Terroristin der Roten-Armee-Fraktion bis Ende März 2010 anzuklagen. Bis dahin wird sie auf freiem Fuß bleiben. Die Bundesanwälte hatten sich in dem Haftbeschwerdeverfahren dafür eingesetzt, Becker nicht freizulassen.

Behördensprecher Frank Wallenta sagte, das Verfahren habe bestätigt, dass Becker dringend verdächtig sei, am Attentat beteiligt gewesen zu sein. "Die Einschätzung der bisherigen Indizienlage wird vom Bundesgerichtshof allerdings als Beihilfe und nicht als Mittäterschaft bewertet. Diese Bewertung ist selbstverständlich zu respektieren."

Becker wurde zusammen mit ihrem Komplizen Günter Sonnenberg am 3. Mai 1977 knapp einen Monat nach dem Buback-Mord in Singen verhaftet. Zuvor hatten sich die beiden Terroristen eine Schießerei mit der Polizei geliefert, bei der mehrere Polizeibeamte und sie selbst verletzt wurden. Wegen der Straftaten bei der Festnahme wurden Becker und Sonnenberg zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Nach neun Jahren und zwei Monaten Haft wurde sie 1989 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker begnadigt.

Buback-Schütze bis heute nicht ermittelt

Wegen der Buback-Morde wurde Becker bislang nie angeklagt. Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde 1980 mangels Beweisen gegen sie eingestellt. Die Bundesanwaltschaft ging davon aus, dass Sonneberg, Knut Folkerts und Christian Klar die Buback-Attentäter waren. Wer das Motorrad fuhr, wer als Sozius die tödlichen Schüsse abgab und wer im Fluchtauto wartete, konnte nie genau geklärt werden. Die Ermittlungen wurden wieder aufgenommen, nachdem der RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock den anderweitig verurteilten ehemaligen Terroristen Stefan Wisniewski 2007 als Schützen nannte.

Durch neue Untersuchungen konnten in diesem Jahr Spuren an RAF-Bekennerschreiben sichergestellt werden, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit von Becker stammen. Durch eine Telefonüberwachung und eine Durchsuchung im August in Berlin wurden zudem Notizen sichergestellt.

Becker lebt laut BGH seit fast 20 Jahren im Haus ihrer Schwester in Berlin, muss regelmäßig Medikamente einnehmen und ist seit fünf Jahren befristet berentet. Sie bezieht demnach auch Hartz-IV-Leistungen. In Branchenverzeichnissen war Beckers Tätigkeit zuletzt als Heilpraktikerin angegeben. Dem BGH-Beschluss zufolge telefonierte sie im März mit ihrer früheren Komplizin Brigitte Mohnhaupt, die zum harten Kern der RAF zählte und erst 2007 auf Bewährung entlassen wurde.

(DDP/seeg)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort