Ehemalige RAF-Terroristin bricht ihr Schweigen Verena Becker will am Montag aussagen

Karlsruhe · 35 Jahre nach dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback will die damalige RAF-Terroristin Verena Becker ihr Schweigen brechen. Für Montag hat die inzwischen 59-Jährige überraschend eine Erklärung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart angekündigt.

 Verena Becker will am Montag ihr Schweigen brechen.

Verena Becker will am Montag ihr Schweigen brechen.

Foto: AFP, AFP

Dass die Angeklagte sich darin selbst bezichtigt, am 7. April 1977 die tödlichen Schüsse auf Buback und zwei seiner Begleiter abgegeben zu haben, ist indes nicht zu erwarten. Becker muss sich vor dem OLG nur wegen Mittäterschaft verantworten - selbst die Bundesanwaltschaft geht nicht davon aus, dass sie damals geschossen hat.

Bislang ist nur der äußere Ablauf des Mordanschlags klar: An jenem 7. April fuhren in Karlsruhe zwei vermummte RAF-Terroristen auf einem Motorrad neben Bubacks Dienstwagen, der an einer Ampel gehalten hatte. Der Täter auf dem Sozius feuerte dann mit einem automatischen Gewehr aus nächster Nähe durch das rechte Seitenfenster in das Wageninnere. Buback und sein Fahrer Wolfgang Göber waren sofort tot. Ihr Begleiter Georg Wurster starb wenige Tage später.

Zwar wurden 1980 Knut Folkerts und 1985 Brigitte Mohnhaupt sowie Christian Klar wegen Mittäterschaft an dem Anschlag verurteilt. Doch wer damals geschossen und wer das Motorrad gefahren hatte, blieb unklar. Becker, die bei ihrer Festnahme im badischen Singen 1977 auf Polizisten geschossen hatte, wurde nur deshalb angeklagt und wegen versuchten Mordes an den Beamten zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach zwölfjähriger Haft wurde sie dann 1989 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker begnadigt.

Der Fall Buback geriet schließlich in Vergessenheit, bis der Sohn des damaligen Opfers, Michael Buback, 2008 eine Wiederaufnahme der Ermittlungen auch gegen Becker erreichte. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft war Becker eine treibende Kraft in der damaligen sogenannten zweiten Generation der Rote Armee Fraktion (RAF). Sie habe die Forderungen der in Stuttgart-Stammheim inhaftierten früheren Führungsköpfe, Buback zu ermorden, rückhaltlos unterstützt.

Am Montag nun will sich die Ex-Terroristin nach Angaben ihrer beiden Anwälte in einer etwa 15- bis 20-minütigen Erklärung "umfassend, persönlich und im Einzelnen" zum Vorwurf der Mittäterschaft äußern. Becker könnte dann vielleicht aussagen, was zum Jahreswechsel 1976/1977 bei einem Treffen der RAF-Kader in den Niederlanden geschah: Kurz zuvor war ihr Anführer Siegfried Haag festgenommen worden, die Ermittler fanden bei ihm 132 Seiten mit Planungen der Terroristen.

Bei dem Krisengipfel an der niederländischen Küste soll Becker dann laut Bundesanwaltschaft als Wortführerin darauf gedrungen haben, die Pläne, etwa die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, schneller umzusetzen.

Unklar ist bis heute auch, in welchem Umfang Becker 1981 mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammenarbeitete. Angeblich soll sie damals das RAF-Mitglied Stefan Wisniewski als Todesschützen beim Buback-Anschlag benannt haben. Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen Wisniewski führten bislang aber nicht zu einer Anklage.

Offen ist, ob Becker am Montag zu diesen Fragen Stellung nimmt. Und offen ist auch, ob sie sich zu einer persönlichen Entschuldigung gegenüber Michael Buback durchringen wird, der als Nebenkläger an dem Verfahren teilnimmt. Möglich wäre es: In persönlichen Unterlagen, die die Bundesanwaltschaft bei Becker beschlagnahmt hatte, schrieb sie von Gewissenbissen.

(AFP)
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