Anschlag auf 14-jährige Malala in Pakistan Mit neun Jahren schon Aktivistin

Düsseldorf · Zehntausende haben nach dem Anschlag auf die 14-jährige Malala Yousufzai im Internet Genesungswünsche gesendet, international war das Entsetzen auch bei Politkern groß. Malala war am 10. Oktober von den Taliban gezielt in den Kopf geschossen worden. Doch wer ist eigentlich die 14-Jährige, die zum Ziel der Taliban wurde?

 Das pakistanische Mädchen Malala erholt sich im Krankenhaus in Birmingham nach einem Anschlag der Taliban.

Das pakistanische Mädchen Malala erholt sich im Krankenhaus in Birmingham nach einem Anschlag der Taliban.

Foto: dapd

Das 14-Jährige Mädchen liegt im "Queen Elisabeth Hospital" in Birmingham. Nach Einschätzung ihrer Ärzte hat sie gute Chancen, gesund zu werden. Allerdings bereitet eine Infektion, die durch die Kugel verursacht wurde, den Ärzten noch Sorge. Wegen eines Luftröhrenschnitts kann Malala noch nicht sprechen, schriftlich kann sie sich schon mit Ärzten und Pflegern verständigen. Die Klinik veröffentlichte nun ein Foto des Mädchens. Ihre Ärzte versichern, sie wolle, dass die Welt erfahre, wie es ihr geht, wie die "Welt am Sonntag" berichtet.

 Taliban hatten Malala Yousufzai im Schulbus in den Kopf geschossen. In ihrer Heimat Pakistan gehen Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit dem Mädchen zu zeigen.

Taliban hatten Malala Yousufzai im Schulbus in den Kopf geschossen. In ihrer Heimat Pakistan gehen Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit dem Mädchen zu zeigen.

Foto: afp, AAMIR QURESHI

Seit dem Anschlag auf ihr Leben, als Taliban ihren Schulbus stürmten und ihr in den Kopf schossen, haben sich Zehntausende mit ihr solidarisiert. Im Krankenhaus sind Tausende Briefe für sie eingegangen und im Internet wünschen ihr Menschen aus der ganzen Welt, dass sie bald wieder gesund wird.

Auch in ihrer Heimat hat sich einiges geändert: Der Fall Malala sorgt in Pakistan für Proteste, wie selten zuvor. Viele Menschen zeigten bei Demonstrationen ihre Solidarität mit der 14-Jährigen, auch wurde ein Kopfgeld von rund 80.000 Euro auf die Täter ausgesetzt. Premierminister Ashraf sieht Malala als stellvertretend für alle Kinder in Pakistan: "Malala ist meine Tochter und Ihre ebenfalls. Wenn sich die Geisteshaltung der Täter durchsetzt, wessen Tochter ist dann je sicher?"

Frauen im Visier der Taliban

Malalas Heimat, das Swat-Tal, war bis im Frühjahr 2009 fest in den Händen der Taliban. Diese führten eine Schreckensherrschaft, verboten Musik, Filme und richteten öffentlich Menschen hin - alles mit dem Ziel, ihre fundamentalistischen Regeln des Islam mit aller Gewalt durchzusetzen.

Vor allem Frauen waren im Visier der Taliban, so wurde später auch ein Schulverbot für Mädchen unterlassen. Eltern behielten ihre Kinder zu Hause, um sie zu schützen. Die Angst war zu groß, dass etwas passieren könnte, wenn die Mädchen weiterhin zur Schule gingen.

Protest gegen Herrschaft der Taliban

Auch Malala Yousufzai litt unter den Taliban. Sie entschied sich von Anfang an, dass sie anders leben wollte. In einem Blog für die BBC, den sie zunächst aus Sicherheitsgründen unter dem Pseudonym Gul Makai verfasste berichtete die damals Neunjährige über die Taten der Taliban in ihrer Heimat, über Plünderungen, Explosionen und tote Körper auf den Straßen. Sie protestierte gegen die Gewalt und den Schrecken, den die Taliban verbreiteten. "Ich habe Angst, zur Schule zu gehen, weil die Taliban allen Mädchen verboten haben, dorthin zu gehen. Auf dem Nachhauseweg hörte ich einen Mann sagen: Ich werde dich töten", schreibt Malala im Januar 2009 in ihrem Blog.

Im Frühjahr 2009 wurden die Taliban nach Angaben der pakistanischen Regierung mit einer Militäroffensive aus dem Swat-Tal vertrieben. Malala ging wieder zur Schule und setze sich weiterhin für Bildung und die Rechte von Frauen ein, wofür sie 2011 mit dem pakistanischen Menschenrechtspreis ausgezeichnet wurde. Daraufhin sagte ein Taliban-Sprecher, dass sie auf der Todesliste der Extremisten stehe.

Malala ist immer noch ein Kind. Doch vor allem in Gesprächen mit internationalen Reportern wirkt sie vollkommen anders. "Ich habe ein Recht auf Bildung", sagte sie 2011 in einem Interview mit CNN. Als der Reporter sie fragte, warum sie ihr Leben für die anderen riskiere antwortete sie: "Ich soll meine Stimme erheben. Wenn ich es nicht machen würde, wer dann?" Mädchen, die verängstigt sind, sollten ihre Angst bekämpfen, findet Malala.

Der Vater als großes Vorbild

Malalas Vater Ziauddin Yousufzai wuchs selbst im Swat-Tal unter ärmlichen Bedingungen auf. Doch schon er hatte eine große Leidenschaft für Bildung und Literatur und war enttäuscht darüber, dass seine Tochter solche Dinge nicht genießen darf.

Adam Ellick, ein Reporter der "New York Times", der 2009 eine Dokumentation über Malala verfasste, kennt sowohl sie als auch ihren Vater gut. Das Mädchen sei eine Mini-Version ihres Vaters in vielerlei Hinsicht, meint Ellick. Aufgrund ihrer Situation sei sie früher erwachsen geworden, als sie eigentlich hätte werden sollen und habe sich sehr vom Engagement und dem Idealismus ihres Vaters anstecken lassen.

Ein Mädchen mit zwei Gesichtern

Auch erinnert sich Ellick an einen Cafébesuch mit Malala nach einem Meeting mit einem US-Sonderbeauftragten: "Sie sagte, 'Ich will ein Eis...Ich liebe Vanilleeis'. Hier ist es, das Mädchen das in der Lage ist, an einem Verhandlungstisch zu sitzen und auf hochrangige diplomatische Treffen zu gehen. Aber sie will trotzdem noch Eis."

Auf der einen Seite ist sie eine mutige und selbstlose Kämpferin, ein weltweites Symbol für die Rechte von Mädchen, auf der anderen Seite aber immer noch ein Kind, das statt Dokumentationen lieber amerikanische Fernsehserien schaut.

(sap/felt/rm)
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