Paris Saudischer Prinz in Paris ausgeraubt

Paris · Acht schwer bewaffnete Männer stoppen den Konvoi eines saudi-arabischen Prinzen - mitten in Paris. Die Angreifer erbeuten wichtige Dokumente und 250 000 Euro in bar. Der Überfall passiert, ohne dass ein einziger Schuss fällt.

Es ist eine Szene wie aus einem Gangsterfilm: Acht schwer bewaffnete Männer stoppen den Fahrzeug-Konvoi eines Mitglieds des saudischen Königshauses, kapern eines der Autos und fahren mit 250 000 Euro Bargeld und wichtigen Dokumenten davon. Der spektakuläre Überfall ereignet sich aber nicht auf der Kinoleinwand sondern mitten in Paris.

Am Sonntagabend gegen 21 Uhr verfolgen zwei Autos den Konvoi eines saudi-arabischen Prinzen, der vom Luxushotel George V. in der Nähe der Champs-Elysées zum Flughafen Le Bourget 15 Kilometer nördlich von Paris unterwegs ist. Auf der Höhe von Porte de la Chapelle stoppen mit Kalaschnikows bewaffnete Unbekannte das erste Fahrzeug der Kolonne, das ein Stück vor den rund zehn anderen Autos fährt. Die Angreifer blockieren den Mercedes Viano, in dem das Gepäck transportiert wird, und zwingen den Fahrer, einen Leibwächter und einen dritten Insassen auszusteigen. In einer minutiös geplanten Aktion übernehmen die Männer das Steuer des Mercedes, ohne dass ein Schuss fällt, und fahren mit ihrer Beute davon.

Die Polizei findet noch in der Nacht im Großraum Paris das gestohlene Auto und einen BMW der Angreifer - beide verbrannt. Zwei 500 Euro-Scheine, Dokumente auf Arabisch und Medikamente entdecken die Ermittler neben den Autowracks. "So etwas ist noch nie dagewesen", zitiert der Radiosender France Info einen Polizisten. Experten gehen davon aus, dass die Täter gezielt auf die laut Polizei "sehr, sehr vertraulichen" Papiere aus waren.

"Die Summe von 250 000 Euro erscheint mir für den Aufwand, der betrieben wurde, etwas lächerlich", sagt der Kriminalexperte Doron Levy im Fernsehsender BFMTV. In der Tat ist die Beute eher gering im Vergleich zu anderen spektakulären Überfällen wie dem im Dezember auf einen Juwelierladen an der schicken Pariser Place Vendôme. Damals erbeuteten die bewaffneten Täter Uhren im Wert von immerhin 800 000 Euro. "Es gibt Anzeichen, dass die Dokumente die Hauptmotivation waren", ergänzt Doron. Für ihn ist klar, dass die Täter ihre Informationen für die gezielte Aktion aus dem saudi-arabischen Umfeld bekamen. "Dafür braucht man unbedingt Komplizen."

Den saudi-arabischen Prinzen ließen die Angreifer zufrieden: er konnte wie geplant am Sonntagabend von Le Bourget Richtung Heimat starten. Dennoch wirft der Überfall ein schlechtes Licht auf die Sicherheit in Paris, das jedes Jahr Zehntausende reicher Touristen aus den Golfstaaten besuchen. Das Hotel George V zum Beispiel, von dem der überfallene Konvoi gestartet war, gehört einer Investmentgesellschaft des saudischen Prinzen Walid. Das Fünf-Sterne-Haus gilt als einer der beliebtesten Rückzugsorte von Mitgliedern der steinreichen Königsfamilie bei Aufenthalten in Frankreich. Anfang Juli ereignete sich bereits ein ähnlicher Überfall: Ebenfalls auf der Autobahn im Norden der Hauptstadt stoppten vier Bewaffnete einen Lastwagen und erbeuteten Smartphones im Wert von mehr als einer Million Euro.

Eine weitere Methode der Diebesbanden besteht darin, Autos, die im Stau stehen, auf der Stadtautobahn auszurauben. So erbeuteten Straßenräuber vor vier Jahren von der Tochter des damaligen Bürgermeisters von Kiew Schmuck im Wert von 4,5 Millionen Euro. Die Diebe schlugen das Fenster der gemieteten Luxuslimousine ein, in der die Frau vom Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle in die Pariser Innenstadt unterwegs war.

Im Fall der saudi-arabischen Fahrzeugkolonne ist der diplomatische Schaden aber noch größer, richtete sich der Angriff doch gegen ein Mitglied des Königshauses. Deshalb reagierte sogar das französische Außenministerium auf die spektakuläre Attacke: "Eine Untersuchung ist im Gange nach diesem nicht hinnehmbaren Angriff", sagte ein Sprecher.

Bisher tappt die Spezialeinheit zur Bekämpfung der Bandenkriminalität, die mit dem Fall beauftragt ist, allerdings noch im Dunkeln. Und von den Tätern und der Beute fehlt jede Spur. Die saudi-arabische Botschaft wollte sich zunächst nicht zu der Tat äußern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort