Düsseldorf Umweltfreundlich, aber unbeliebt

Düsseldorf · Auf den ersten Blick lässt eine neue Studie des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) die Öko-Herzen höher schlagen: Die Autobauer haben die Emissionen erneut gesenkt. Aber der zweite Blick zeigt: Die Kundschaft interessiert das nicht.

Die gute Nachricht: Moderne Autos werden immer umweltfreundlicher. Die schlechte: Sie werden kaum verkauft. Das ergibt eine Gegenüberstellung der aktuellen Auto-Umweltliste des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) mit der amtlichen Zulassungsstatistik, die der Duisburger Automobil-Professor Ferdinand Dudenhöffer für unsere Zeitung vorgenommen hat.

So liegt in der jährlich aktualisierten Auto-Umweltliste des VCD gegenwärtig der Lexus CT vorne. Ein Kompaktklasse-Fahrzeug der Luxusmarke von Toyota, das mit einer Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor (Hybrid) fährt. Die VCD-Tester finden das Auto toll, weil es kaum Sprit verbraucht und wenig Lärm und CO2 ausstößt. Aber die Verbraucher lassen den Lexus links liegen: Mit nur 266 Neuzulassungen (von 4,7 Millionen im deutschen Gesamtmarkt) lag der Exot in den vergangenen 18 Monaten auf Platz 488.

Ähnlich ist das Missverhältnis zwischen Umwelt- und Markterfolg auch auf den folgenden Plätzen: Die Diesel-Version des Peugeot 208 ist Vize-Umweltmeister, liegt in der Zulassungsstatistik der vergangenen 18 Monate aber trotzdem nur auf Platz 246. Die Benzin- und Erdgasversion des VW "UP" folgt auf Platz drei im Umwelt-Ranking und auf Platz 268 bei den Zulassungen. Dasselbe Muster wiederholt sich auch bei den Diesel-Versionen des Ford Fiesta und des Opel Corsa, die im VCD-Ranking die Plätze vier und fünf belegen und bei den Zulassungen auf Platz 140 (Fiesta) und Platz 216 (Corsa) liegen.

Dudenhöffer erklärt das so: "Natürlich sind Fiesta und Corsa prominente Autos. Aber eben nicht in der umweltfreundlichen Diesel-Version." Der in der Anschaffung teurere Diesel-Motor, der mit weniger Verbrauch auskommt, lohnt sich erst ab hohen Fahrleistungen. "Aber wer hohe Fahrleistungen hat, kauft keinen Kleinwagen", so Dudenhöffer.

Bei den besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen des VCD-Rankings handele es sich deshalb "in aller Regel um exotische Nischenmodelle, die technisch vielleicht beeindruckend sein mögen, aber die Verbraucher kaum interessieren". Spätestens, wenn die Kunden Daten wie Kaufpreis oder Wertverlust mit in ihre Kaufentscheidung einbezögen, verliere so mancher umwelttechnische Vorreiter für die breite Kundschaft seinen Reiz.

Trotzdem hilft die VCD-Studie, die technische Entwicklung einzuordnen. Das Bemühen um umweltfreundlichere Techniken ist inzwischen konzernübergreifend erfolgreich: Fast alle Flotten kommen leiser, mit weniger Schadstoffemissionen und weniger Verbrauch als früher aus. Allerdings werden die Fortschritte in der Umwelttechnik immer kleiner.

Inzwischen haben sich verschiedene Motorenkonzepte zum Erreichen neuer Umweltbestmarken etabliert: Neben der Hybrid-Technik steht das reine Elektro-Auto, das gar kein Benzin mehr verbrennt, verschiedene Erdgasmotorisierungen und der Standard-Motor, der immer noch mit nichts als Diesel oder Benzin fährt, davon aber dank systematischer Optimierung der Motoren immer weniger verbraucht. "Eine dominierende Technik gibt es derzeit nicht", sagt VCD-Experte Gerd Lottsiepen. Die systematische Verbesserung sei zu begrüßen, aber revolutionäre Konzepte fehlten. Deshalb seien neue politische Vorgaben notwendig, um die Autoindustrie zu größeren Anstrengungen in der Umwelttechnik zu bewegen.

Aber wie sollen die Vorgaben aussehen? Lohnt es sich wirklich, immer nur Elektro- und Hybridautos in den Förder-Fokus zu nehmen? Oder bringt die Verbesserung der herkömmlichen Verbrennungsmotoren angesichts der auch auf absehbare Sicht dramatisch höheren Verkaufszahlen der Umwelt mehr? Der Expertenstreit genau darüber hat gerade erst begonnen.

(RP)
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