Kleve Mit Gedanken den Computer steuern

Kleve · Ein Projekt-Team der Hochschule Rhein-Waal unter Leitung von Professor Ivan Volosyak arbeitet mit Studenten des Masterstudiengangs Bionics/Biomimetics an Möglichkeiten, das Leben im Alter zu erleichtern.

Pjotr Stawicki starrt auf einen Computer-Bildschirm, auf dem wie Apps Computerkacheln voller Buchstaben flimmern. Seine Hände ruhen im Schoß, Computer-Tastatur und Maus bleiben unberührt. Auf dem Kopf trägt er eine Kappe, die an Pilotenmützen längst vergangener Tage aus der Pionierzeit der Fliegerei erinnert. Feine Drähte, rot, grün, gelb ummantelt, verbinden die Kappe mit einem Messgerät.

Stawicki starrt weiter auf den Bildschirm, bis aus den Apps mit neun Buchstaben welche mit drei Buchstaben werden. Dann, bis nur noch A, B und C auf dem Schirm flimmern und schließlich das A in einem Schriftfeld erscheint. Dort soll der Wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule Rhein-Waal in Kleve einen Satz bilden, den der Rechner ihm vorgibt: "waxy" hat er bereits geschrieben, das A für das folgende "and" sitzt jetzt auch.

"Ich steuere den Rechner gewissermaßen mit meinen Gedanken", sagt der Ingenieur-Master, der zusammen mit dem Mathematiker Felix Gembler unter der Leitung von Professor Ivan Volosyak an einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt an der Hochschule Rhein-Waal arbeitet. Das Vorhaben dient dazu, alltagstaugliche Technologien zu entwickeln, die die Lebensqualität von Menschen in hohem Alter steigern sollen. Das Projekt von Volosyak, Professor für Biomedizin und Ingenieurwesen, der schon in Bremen an vergleichbaren Aufgaben arbeitete, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 200 000 Euro, das Projekt dauert bis Ende 2015.

Dazu gehört auch die von Gedanken gesteuerte Computertechnologie (Brain-Computer Interfaces, BCI), die Stawicki gerade testet. Er muss sich dabei auf die jeweilige "Computerkachel" konzentrieren, sie ansehen. Die dabei in verschiedenen Gehirnregionen fließenden Ströme werden wie bei einem EEG gemessen und lösen dann die avisierten Befehle für den Computer aus. Damit das reibungslos und ohne Rechner-Abstürze funktioniert, ziehen Stawicki und Gembler derzeit ihre Untersuchungsreihe mit den Schriftfeldern durch. "Der Proband muss sich auch nicht den Buchstaben vorstellen, den er gern hätte, er muss einfach die richtige App-Kachel anschauen, in der dieser Buchstabe gerade ist", sagt Gembler.

"Wir müssen einfach denken", erklärt Volosyak. So einfach, dass das Programm für jedermann, gerade auch für Menschen, die keine Computerprofis sind, schnell zu begreifen ist. "Das fängt damit an, dass er mit Hilfe von BCI-Licht ein- und ausschalten kann", sagt Gembler. Dabei arbeitet das Team um Volosyak mit verschiedenen Möglichkeiten, im Alltag Dinge zu steuern, ohne die Hände zu benutzen. Mit einer Technik, die auch Menschen anwenden können, die beispielsweise nach einem Schlaganfall ein Bewegungshandicap haben. Um einen Rollstuhl zu steuern, reicht schon ein kleiner Magnet, der auf die Zunge geklebt wird - und schon bewegt sich beispielsweise ein Rollstuhl nach rechts oder links, je nachdem, wie die Zunge bewegt wird, erklärt der Professor.

Volosyak arbeitet seit 2005 an Projekten, die Menschen im Alter das Leben leichter machen können. Es werden noch einige Jahre vergehen, bis die neue Technologie die Marktreife erreicht. Eingebunden in das Projekt sind auch die Studenten des Masterstudiengangs Bionics/Biomimetics.

(RP)
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