London Zank beim Abendgebet

London · Eine neue Biografie über Prinz Charles verrät Details über die Beziehung des britischen Thronfolgers zu Diana. Beide waren versehrte Persönlichkeiten und hätten einander nicht helfen können, schreibt Biografin Sally Bedell Smith.

Während Prinz Charles bei seinem Besuch in Italien am Dienstag auf Papst Franziskus traf, leuchtet eine neue Biografie die Persönlichkeit des Thronfolgers aus. Zeitgleich zu seiner Europa-Tour erschien das Buch der Amerikanerin Sally Bedell Smith "Prince Charles: The Passion and Paradoxes of an Improbable Life". Bedell Smith, die schon eine Biografie der Queen vorgelegt hat, hatte Zugang zum inneren Zirkel der Königlichen Familie und sich über die letzten vier Jahre mit rund 300 Freunden, Dienern, Familienmitgliedern und Bekanntschaften von Charles unterhalten. Ihr Buch ist die erste große Biografie seit mehr als zwei Jahrzehnten und kann mit neuen Details über die Beziehung zu Lady Di aufwarten.

Seine Ehe mit der Prinzessin hat das öffentliche Bild des Thronfolgers mehr als alles andere geprägt. Weniger aus Liebe, mehr aus Pflichtgefühl ging der damals 32-Jährige den Bund fürs Leben ein. Die 20 Jahre alte Diana war schon während der Flitterwochen unglücklich, die die beiden auf Schloss Balmoral in Schottland verlebten. Sie "litt unter Schlaflosigkeit, wurde von Tag zu Tag dünner und weinte stundenlang", so Bedell Smith, wenn sie sich nicht "mit ihrem neuen Ehemann zankte über dessen frühere Geliebte oder sich über die bedrückende Atmosphäre am Königlichen Hof beschwerte".

Charles kam nicht zurecht mit den "emotionalen Sturmgewittern, die ihn in ihrer Heftigkeit und Plötzlichkeit schockierten" und drängte Diana, eine Therapie zu beginnen. Doch nur achtmal besuchte die junge Ehefrau den Psychiater Alan McGlashan, dann brach sie die Behandlung ab und wollte auch kein Valium mehr nehmen. Stattdessen begann Charles, sich behandeln zu lassen, blieb 14 Jahre lang in Therapie. Der Arzt, so Bedell Smith, diagnostizierte einen Royal, der "unverstanden war und nach wirklich spontaner, natürlicher Zuneigung hungerte".

Diana machte es ihm nicht leicht. Sie war eifersüchtig auf Charles' Jugendliebe Camilla, obwohl der Prinz ihr versicherte, dass das vorbei wäre. Immer wieder sei sie auf das Thema zurückgekommen, hat Charles seiner Cousine Pamela Hicks gebeichtet. Als er neben seinem Bett fürs Abendgebet kniete, "haute ihm die Prinzessin auf den Kopf und zankte mit ihm, während er weiterbetete".

Diana wie Charles waren nach der Darstellung der Autorin Opfer ihrer eigenen Familien, geschädigt durch eine traumatische Kindheit. Während Dianas Eltern einen erbitterten Rosenkrieg ausfochten, erlebte Charles bei der Queen und Prinzgemahl Philip emotionale Distanz und Reserviertheit. Beide wurden früh, im Alter von sieben und acht Jahren, auf ein Internat geschickt und dort gemobbt. Diana, so Bedell Smith, sei "gequält worden von Gefühlen der Leere und Trennung. Sie fürchtete, verlassen zu werden, und hatte Schwierigkeiten, Beziehungen aufrecht zu erhalten".

Charles litt als Achtjähriger an "akutem Heimweh, klammerte sich an seinen Teddy und weinte oft, wenn er allein war", schreibt die Autorin. Er wurde gemobbt, denn für die anderen war es eine ideale Gelegenheit, dem künftigen König von England, beim Rugby etwa, ungestraft Saures zu geben. "Ich habe ihn niemals reagieren sehen", zitiert Bedell Smith einen Schulkameraden, "er war sehr stoisch und kämpfte niemals zurück." Das Mobbing sei sehr ruppig gewesen.

Die beiden konnten einander nicht helfen. "Charles hatte Verständnis, aber ihm fehlte einfach das Wissen oder das Temperament, einer sehr verstörten jungen Frau zu helfen." Fünf "zumeist unglückliche" Jahre lang versuchte er, seine Ehe zu retten, dann gab er auf. "Er glaubte aufrichtig, dass er alles versucht hatte, aber dass ihre Bedürfnisse unerschöpflich waren." 1986 nahm Charles wieder seine Beziehung zu Camilla auf. 1996 wurde die Ehe mit Diana geschieden.

(RP)
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