Familienministerin Manuela Schwesig Abschied von der "Küsten-Barbie"

Berlin · Noch vor wenigen Monaten wurde Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) von ihren Kritikern gerne öffentlich diffamiert. Jetzt kann sie Erfolg an Erfolg reihen, wie zuletzt bei der Entlastung für Alleinerziehende. Wie schafft sie das?

Selbst die Suche nach einem Flaschenöffner gerät bei Manuela Schwesig in diesen Tagen zum Politikum: Als die Familienministerin am vergangenen Mittwoch Journalisten empfing, fand sie statt eines Öffners für die Mineralwasserflasche einen Sparschäler auf dem Tisch. Ob denn ihr Streit mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schon so weit gehe, dass der ihr ein solches Ding hinlegen lasse, fragte sie ironisch.

Auch diese Spitzen gegen noch so mächtige Kabinettskollegen verdeutlichen, dass die 40 Jahre alte Ministerin angekommen ist im politischen Geschäft der Hauptstadt. Dafür brauchte die einstige Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns zwar fast das gesamte erste Regierungsjahr der amtierenden großen Koalition - doch sogar ihre Kritiker aus dem Unionslager müssen nun anerkennen, dass die von ihnen einst als "Küsten-Barbie" verunglimpfte Manuela Schwesig einen imposanten Lauf hat.

Nach Kita-Ausbau, Elterngeldplus und Familienpflegezeit brachte sie die heftig umstrittene Frauenquote durchs Parlament. Fast parallel konnte Schwesig eine Erhöhung des Kindergeldes und eine Anhebung des Kinderfreibetrages verkünden, rief dem Finanzminister aber im selben Atemzug zu, dass ihr das noch nicht reiche. Ihr gehe es um eine Entlastung für die 1,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland, sagte Schwesig. Schäuble aber winkte ab. Das sei zu teuer, sagte er - und wirkte dabei wie ein knauseriger Vertreter von Altherrenpolitik.

Als ob das noch nicht genug der Provokation war, berichtete Schwesig zum "Equal Pay Day" von einem viel kostspieligeren Vorhaben: Mit dem Entgeltgleichheitsgesetz wolle sie künftig Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen offenlegen und durch staatliche Mittel ausgleichen. Am Donnerstag schließlich bekam sie dann auch noch bei den Alleinerziehenden ihren Willen, als sich die Fraktionsspitzen von Union und SPD auf eine Anhebung des steuerlichen Entlastungsbetrags einigten. Schwesig soll die dafür nötigen 80 Millionen Euro zwar zunächst aus ihrem Etat auftreiben - kommt es aber hart auf hart, könnte sich Schäuble am Ende wohl kaum gegen eine Beteiligung wehren. Und so machte die Familienministerin in den vergangenen Wochen und Monaten Dinge möglich, die ihr bisher wohl nur wenige zugetraut hatten.

Schwesig vollzieht nun endgültig den Abschied von der "Küsten-Barbie", auch wenn sie innerhalb der SPD weiterhin mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Ihr haftet nicht der nützliche Stallgeruch an, andere haben ein deutlich besseres Netzwerk. Die gelernte Finanzwirtin legte zwar in Mecklenburg-Vorpommern eine Bilderbuchkarriere hin, der Sprung in die Politik wirkte aber nicht nur von außen teils künstlich konstruiert.

Als "Nervensäge des Kabinetts" wurde sie schon bezeichnet. Ein politischer Wegbegleiter wiegelt ab: Nein, nervig sei sie nicht. Eher beharrlich, geduldig, willensstark - so kann man es wohl auch nennen. "Manuela Schwesig ist ein mecklenburgischer Dickschädel", sagt er. Das sei das Geheimnis hinter ihrem Erfolg.

Überraschend ist, dass Schwesig trotz dieses Erfolgs und ihres attraktiven Auftretens selten gelöst aussieht in den Talkshows dieser Republik. Vor Kameras formuliert sie auswendig gelernte Sätze, für den politischen Gegner ist sie berechenbar, kommen von ihr doch stets erwartbare Vorstöße linker Sozialdemokratie. Und bei der Frauenquote schließlich spielte Schwesig wohl auch das Ungeschick anderer in die Hände: Als Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sie ermahnte, nicht so "weinerlich" zu sein, schoss er damit ein chauvinistisches Eigentor. Schwesig erfuhr breite öffentliche Solidarität. So viel, dass sie von Journalisten gar nach ihren Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur gefragt wurde. Spätestens da war Schwesig angekommen im Amt.

(jd)
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