Italienische Ministerin verliert die Fassung Sparen unter Tränen

Düsseldorf/Rom · Die Regierung Monti ist entschlossen, eisern zu sparen. Den Italienern verlangt sie große Opfer ab. Sein Kabinett hat den Ruf, aus kühlen Technokraten zu bestehen. Umso mehr bewegte die Italiener nun der Gefühlsausbruch ihrer Arbeitsministerin Elsa Fornero. Bei der Bekanntgabe der schmerzhaften Sparpläne brach sie in Tränen aus. Die Regierung Monti hat nun einen Star.

Dezember 2011: Italienische Ministerin bricht in Tränen aus
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Dezember 2011: Italienische Ministerin bricht in Tränen aus

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Die Pressekonferenz fand am späten Sonntagabend statt. Italiens neuer Ministerpräsident Mario Monti gab Details zu seinem Sparpaket bekannt, mit dem er Italien vor dem Bankrott und Europa vor dem Auseinanderbrechen bewahren will.

An seiner Seite sitzt Elsa Fornero. Sie leitet im Kabinett Monti das Arbeits- und Sozialressort. Die Fernsehsender übertragen live. Um bis zu 30 Milliarden Euro soll der Staatshaushalt bis 2014 entlastet werden. Die Einschnitte sind entsprechend drastisch.

Die Kürzungen werden vielen weh tun

Steuererleichterungen werden gestrichen, die Mehrwertsteuer wird um zwei Prozentpunkte erhöht, zudem soll es personelle Einsparungen im öffentlichen Dienst geben. Außerdem erhebt die Regierung eine Luxus-Steuer auf teure Boote und Autos. Im Kampf gegen die Steuerhinterziehung sollen Bargeldzahlungen über 1000 Euro verboten werden.

Am ärgsten trifft aber voraussichtlich viele Italiener die Rentenreform. Das Eintrittsalter soll um mehrere Jahre angehoben werden. Ab 2014 können die Italiener erst mit 66 in den Ruhestand. Es ist der Bereich, für den die neue Sozialministerin zuständig ist. Als aber Elsa Fornero auch noch verkünden soll, dass die meisten Renten in Zukunft nicht mehr an die Inflation gekoppelt sind und damit faktisch sinken werden, versagt ihr die Stimme.

Das Wort Opfer bringt sie kaum noch heraus

"Die finanzielle Situation unseres Landes ist ernst. Keine Reform bringt im Jahr ihrer Einführung große Ersparnisse, das ist ein sehr langer Prozess. Deshalb müssen wir, und das hat uns viel Überwindung gekostet, Opfer verlangen..." - dann bricht Fornero ab und beginnt zu weinen. Die Kameras blitzen um die Wette. Ministerpräsident Mario Monti interveniert und übernimmt die Ausführungen seiner Kollegin.

Flugs verliebten sich die italienischen Medien in die emotionale Ministerin. Binnen weniger Stunden wurde sie durch ihre Tränen zum Star der Regierung Monti. Die Botschaft: Das Kabinett der Technokraten hat ein Herz. Andere stilisieren zum Symbol der Schmerzen, die die Italiener nun zu erleiden haben. "Das Expertenkabinett um Monti, die kühlste Regierung in der republikanischen Geschichte Italiens zeigt, dass sie Gefühle hat", bilanziert "La Repubblica".

Monti will auf sein Gehalt verzichten

Bisher galt die 62-jährige Wissenschaftlerin als eher kühl und reserviert. An der Universität von Turin lehrte sie bisher als Wirtschafts-Professorin. Sie machte sich einen Namen als Expertin für soziale Sicherheit, Renten und Pensionskassen. Offenkundig weiß die Ministerin, wovon sie spricht, wenn sie den Italienern Opfer verlangt. Auch im menschlichen Sinne.

Auch Premier Monti räumte ein, dass das Sparpaket seinen Landsleuten große Opfer abverlangt. Die Regierung habe sich jedoch bemüht, die Last so gerecht wie möglich zu verteilen. Als privaten Beitrag zu den Sparbemühungen kündigte Monti an, auf sein Gehalt als Ministerpräsident und Wirtschaftsminister zu verzichten.

Notverordnung

Monti hofft, dass die Schritte die Märkte vom Sparwillen seiner neuen Regierung überzeugen und damit eine Gesundung der Staatsfinanzen ermöglichen. Zuletzt hatten Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit des italienischen Schuldenberges die Angst vor einer Staatspleite angeheizt. Dadurch waren für Italien die Kosten für Kredite auf ein langfristig unhaltbares Niveau gestiegen.

Die gesamten Schritte sind in einer Notverordnung verpackt, die schon vor der Zustimmung des Parlaments in Kraft tritt. Die Gewerkschaften klagten, dass die Einschnitte ärmere Arbeiter und Rentner besonders hart treffen werden. Es gab jedoch zunächst kaum Anzeichen für ernsthaften politischen Widerstand gegen Montis Pläne.

Die Prognosen sind düster

Rund 12 bis 13 Milliarden Euro der Entlastungen sollen durch Einsparungen erreicht werden und der Rest des 30-Milliarden-Pakets durch Steuererhöhungen. Eine Immobiliensteuer soll mit zehn bis elf Milliarden Euro den Löwenanteil der neuen Einnahmen einbringen.

Wie schlecht es um die italienische Wirtschaft steht, machten die neuen Regierungsprognosen deutlich: Im kommenden Jahr werde die Wirtschaftsleistung voraussichtlich um etwa ein halbes Prozent schrumpfen und 2013 stagnieren.

(pst)
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