Widerstand in der Union CDU will bei Rentenreform nachbessern

Berlin · Unionsfraktionschef Kauder will mit der SPD neu über die Rente mit 63 verhandeln und so Ruhe in seine Partei bringen.

 Unionsfraktionschef Volker Kauder berät sich mit Kanzlerin Angela Merkel.

Unionsfraktionschef Volker Kauder berät sich mit Kanzlerin Angela Merkel.

Foto: dpa, bvj fpt

Der Widerstand in der Union gegen die im Koalitionsvertrag verabredete Rente mit 63 Jahren zeigt erste Wirkungen: Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kündigte am Sonntag an, er wolle mit der SPD Korrekturen am Gesetzentwurf durchsetzen.

Offen zutage getreten war der Streit um geplante frühere Renteneintrittsalter nach 45 Beitragsjahren am Wochenende beim CDU-Europaparteitag in Berlin. Es waren vor allem die jungen CDU-Politiker, die vor einer Überforderung ihrer Generation warnten. Überraschend kam der Aufstand nicht. Der Wirtschaftsflügel und die jungen Abgeordneten murren seit Wochen über die 63er Rente. Auf ihre Wortmeldungen beim Parteitag war die Parteiführung vorbereitet. Ein fein dosierter Aufstand.

Die Gegner des SPD-Prestigeprojektes befürchten, dass es zu einer Frühverrentungswelle kommen könnte: Arbeitnehmer würden sich mit 61 Jahren arbeitslos melden, zwei Jahre lang Arbeitslosengeld I beziehen und anschließend abschlagfrei in Rente gehen. Benedict Pöttering, potenzieller Kandidat für den Bundesvorsitz der Jungen Union, rief sogar offen zur Rebellion auf: "Die Abstimmung ist noch nicht vorbei. Die Rente mit 63 noch nicht beschlossen."

Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten (CDU) führt eine Liste, auf der er alle möglichen Abweichler bei der Abstimmung über das Rentenpaket notiert. Eine genaue Zahl nennt er nicht. Angeblich sollen es inzwischen mehr als 60 unzufriedene Unionsabgeordnete sein.

"Der vorliegende Gesetzentwurf ist für mich und viele meiner Kollegen nicht zustimmungsfähig, da er einer neuen Frühverrentungswelle Vorschub leistet", sagte der Chef der Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann. Auch der Rentenexperte der Union, Jens Spahn, warnte im Gespräch mit unserer Zeitung: "Wenn wir das nicht mehr ändern, wird es sicher eine Reihe Gegenstimmen geben."

Die von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) geplante Regelung sei für viele CDU- und CSU-Bundestagsabgeordnete ein Problem, sagte Fraktionschef Kauder der "Bild". Er forderte erneut, die befürchtete Frühverrentungswelle durch einen Stichtag zu verhindern, von dem an keine Zeiten der Arbeitslosigkeit mehr berücksichtigt werden.

Rückendeckung bekam der Fraktionschef dafür aus dem Lager der Reformkritiker. So sagte Spahn: "Es darf keine neue Frühverrentungswelle wie in den 90er-Jahren geben, vor allem keine Quasi-Rente mit 61 über den zweijährigen Bezug von Arbeitslosengeld. Da stehen wir fest an der Seite von Volker Kauder." "Ich begrüße daher, dass Volker Kauder beim Thema Rente mit 63 beim Koalitionspartner Änderungen durchsetzen will", sagte auch sein Parteifreund Linnemann.

Der Wirtschaftsflügel der Union will die Abstimmung über die ungeliebte Rente ab 63 zumindest mit einem kleinen Signal für eine längere Lebensarbeitzeit verbinden. Arbeitnehmer im Rentenalter sollen künftig leichter im Job bleiben können, wenn sie wollen. Linnemann hatte dafür die Flexi-Rente vorgeschlagen. Fraktionschef Kauder schloss sich der Idee an: "Leichter würde der Fraktion die Zustimmung insgesamt fallen, wenn die SPD mit einem flexibleren Renteneintritt einverstanden wäre.

Dazu gehört, befristete Arbeitsverhältnisse jenseits des Renteneintrittsalters möglich zu machen", sagte Kauder. Zudem sollen die Unternehmen davon entbunden werden, für die Arbeitnehmer im Rentenalter noch Beiträge an die Renten- und Arbeitslosenversicherung zahlen zu müssen. Auch das begrüßte Spahn: "Es gibt immer mehr Menschen, die über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeiten wollen und können."

(RP)
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