"Cicero"-Foyer-Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel "Wenn ich nicht fertig gedacht habe, kann ich nicht entscheiden"

Berlin · Angela Merkel ist bekannt für ihre Schlagfertigkeit und ihren trockenen Humor. Eine Portion davon hatte sie am Mittwochabend auch für das Publikum im ausverkauften Berliner Ensemble übrig und erntete dafür jede Menge Applaus und Lacher – auch für die Antwort darauf, warum sie sich oft so spät positioniere.

 Angela Merkel mit den Journalisten Frank A. Meyer (l) und Christoph Schwennicke.

Angela Merkel mit den Journalisten Frank A. Meyer (l) und Christoph Schwennicke.

Foto: dpa, car fdt

Angela Merkel ist bekannt für ihre Schlagfertigkeit und ihren trockenen Humor. Eine Portion davon hatte sie am Mittwochabend auch für das Publikum im ausverkauften Berliner Ensemble übrig und erntete dafür jede Menge Applaus und Lacher — auch für die Antwort darauf, warum sie sich oft so spät positioniere.

Sie gilt als die mächtigste Frau der Welt, entsprechend hatte auch das Magazin "Cicero" den Titel für sein Foyer-Gespräch in Berlin gewählt. Der Abend mit der Bundeskanzlerin stand unter dem Motto "Auf dem Höhepunkt der Macht". Eine Stunde lang stand Merkel "Cicero"-Chefredakteur Christoph Schwennicke und dem Schweizer Journalisten Frank A. Meyer Rede und Antwort und ließ dabei auch ein bisschen Persönliches durchblicken.

Journalist Schwennicke machte aber in Anspielung auf das öffentliche Gespräch der Kanzlerin mit "Brigitte"-Redakteuren vor einem Jahr klar, dass die Zeit nicht reif sei für Gespräche über Pflaumenkuchen. Merkel aber konterte: "Ich rede mit Ihnen, worüber sie wollen." Doch es sollten vor allem die Konflikte in der Welt sein, die das Podiumsgespräch prägten. Der Terror der IS im Irak, die Ukraine-Krise, die Rolle der deutschen Außenpolitik — all das wurde abgehandelt.

Mit Putin "eine ganz normale Telefonverbindung"

Das Publikum gewann Merkel aber wie immer mit persönlichen, menschlichen und weniger mit politischen Äußerungen. Als es etwa darum ging, warum Merkel oft zögere und sich erst spät zu einem Thema positioniere, sagte sie schlicht und einfach: "Wenn ich nicht fertig gedacht habe, kann ich nicht entscheiden." Der Beifall war ihr sicher.

Man müsse in der Politik erst einmal den eigenen Rhythmus finden und sich nicht dauernd von außen sagen lassen, wie schnell man eine fundierte und sachgerechte Antwort zu finden habe", fügte sie noch hinzu. "Wie oft habe ich gehört, wenn du jetzt nicht entscheidest, passiert etwas ganz Schlimmes. Ist aber nichts Schlimmes passiert."

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Merkel zeigte sich aber auch bei den ernsten Themen schlagfertig. Wie etwa, als sie gefragt wurde, ob sie einen guten Draht zum russischen Präsidenten Wladimir Putin habe. Daraufhin die Kanzlerin: "Eine ganze normale Telefonverbindung. Wir telefonieren häufig." Und dass sie als mächtigste Frau der Welt bezeichnet wird, konterte sie damit, dass ja auch nicht so viele Frauen in Verantwortung seien. Und: "Es gibt aber viele mächtige Männer."

Als es schließlich darum ging, was sie noch in dieser Legislaturperiode vorhabe, unterbrach sie sich selbst und sagte in Richtung Schwennicke: "Jetzt gucken Sie entnervt, weil ich so viel sage."

"Ich muss auch mal nach Hause"

Zum Schluss schließlich gab Merkel auch wieder einen kleinen Einblick darüber, wie ihr Alltag neben der großen Politik eigentlich aussieht. Denn genau das interessierte das Publikum, als es an der Reihe war, Fragen zu stellen.

Ob sie denn Yoga mache oder meditiere, um abzuschalten, wollte eine Frau aus dem Publikum wissen. Nein, so Merkel. Aber sie bemühe sich um Phasen, "das viele, was ich erlebe, auch zu verarbeiten". Sie bewege sich dann etwa gern "draußen an der frischen Luft".

Zudem versuche sie immer wieder, sich auch mal einen Samstagabend freizuhalten. Wenn sie dann um 16 Uhr Feierabend mache und jemand sage, die Kanzlerin gehe zm nächsten Termin, dann sage sie auch schon mal: "Nein, ich muss auch mal nach Hause." Man könne ja nicht mehr fröhlich sein, wenn man sich solche Freiräume nicht schaffe.

mit Agenturmaterial

(das)
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