Freihandelsabkommen Wirtschaftsminister Gabriel will TTIP retten

München · Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat einem Bericht zufolge seinen Vorschlag für einen US-europäischen Handelsgerichtshof konkretisiert, um einen zentralen Kritikpunkt am geplanten Freihandelsabkommen TTIP zu entkräften.

Das ist Sigmar Gabriel
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Statt vor privaten Schiedsstellen sollten Streitigkeiten zwischen Konzernen und Regierungen "ausschließlich von einem ständigen bilateralen internationalen Gericht" entschieden werden, zitierte die "Süddeutsche Zeitung" am Samstag aus einem Konzept Gabriels.

Für den Gerichtshof sollten feste Richter ernannt werden, die über alle Streitigkeiten zu befinden hätten - ein Drittel von der EU und ihren Mitgliedstaaten, ein Drittel von den USA, ein Drittel gemeinsam. Jede Kammer soll demnach aus drei ordentlichen Richtern bestehen, die ihre Unabhängigkeit und Unbefangenheit nachweisen müssen. Die Verfahren sollen zudem öffentlich stattfinden.

Die bisher vorgesehenen privaten Schiedsgerichte zählen zu den größten Streitpunkten in den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Die TTIP-Gegner befürchten, dass Konzerne dort unter Berufung auf das Abkommen Schadenersatz für unliebsame Gesetze verlangen und so indirekt Druck auf Regierungen ausüben könnten. Solche Schiedsgerichte finden sich schon jetzt in vielen Handelsabkommen. Allein der Widerstand gegen diese Art Streitbeilegung könnte TTIP hierzulande scheitern lassen.

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Foto: dpa

Das Modell eines US-europäischen Handelsgerichtshofs entwickelte dem Bericht zufolge der Erlanger Völkerrechtler Markus Krajewski für das Wirtschaftsministerium. "Was wir damit schaffen, ist kein Schiedsgericht mehr, sondern ein ganz normales Gericht", sagte er der Zeitung.

Gabriel habe den 30-seitigen Entwurf EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zukommen lassen, die demnächst Eckpunkte für die sogenannten ISDS-Verfahren zwischen Staaten und Investoren vorlegen wolle. Kritiker der privaten Schiedsgerichte vermissten bei den bisherigen Überlegungen zudem eine Berufungsinstanz. Der Vorstoß aus dem Wirtschaftsministerium sieht laut "SZ" eine eigene Berufungskammer vor: fünf Richter, gemeinsam ernannt von den USA und der EU.

Zunächst aber müssten die anderen EU-Staaten auf den deutschen Vorstoß einschwenken. Viele halten bis heute die Schiedsgerichte für nicht weiter problematisch. Über das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA wird seit Juli 2013 verhandelt. Die Befürworter erhoffen sich einen enormen Schub für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks, indem Zölle und andere Handelshemmnisse abgebaut werden. Kritiker sehen Gefahren für Rechtsstaat und Demokratie, sie befürchten eine Erosion von Standards bei Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie eine Benachteiligung der europäischen Kultur.

Das europaweite Bündnis Stop TTIP sammelte bereits mehr als 1,7 Millionen Unterschriften. Das Bündnis wird von fast 400 Organisationen unterstützt.

(AFP)
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