Gesetz in Planung Gröhe will Versandhandel mit Arzneien verbieten

Berlin/Düsseldorf · Der Gesundheitsminister hat seine Experten beauftragt, ein Gesetz vorzubereiten, das den Versand von rezeptpflichtigen Medikamenten untersagt. Der Apothekerverband begrüßt die Verbots-Pläne.

 Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Foto: dpa, car axs gfh tba

Ein Spitzengespräch mit den Apothekerverbänden und anderen Experten trug wohl entscheidend zum Entschluss bei. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) lässt nach Informationen unserer Redaktion aus Regierungskreisen ein Gesetz vorbereiten, das den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten soll. Der Minister habe zwischen verschiedenen Optionen abgewogen und sich schließlich für das Verbot entschieden. Nur so, heißt es weiter, könnte die Qualität und die Sicherheit einer flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung mit Medikamenten erreicht werden. Gröhe will für das Versandapotheken-Verbot bei den eigenen Abgeordneten und beim Koalitionspartner SPD werben. Auch den anderen Ressorts dürfte schon recht bald ein entsprechender Gesetzesentwurf zugeleitet werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 19. Oktober in einem überraschenden Urteil die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente im grenzüberschreitenden Versandhandel aufgehoben. Das erlaubte Versandapotheken wie der niederländischen Kette DocMorris oder der Europa Apotheek Venlo, Bonizahlungen an deutsche Patienten zu gewähren und so die Zuzahlung zu verringern.

"Ein Verbot des Versandhandels ist alternativlos"

Kurz nach der Urteilsverkündung hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekenverbände (ABDA) den Gesundheitsminister bereits zu einem energischen Schritt aufgefordert, die Versorgungssicherheit bei verschreibungspflichtigen Arzneien zu gewährleisten. "Es kann nicht sein, dass ungezügelte Marktkräfte über den Verbraucherschutz im Gesundheitswesen triumphieren", sagte Verbands-Chef Friedemann Schmidt. Aus der Regierungskoalition gab es ebenfalls Forderungen nach einem Verbot des Versandhandels. Das Urteil habe das Potenzial, die Arzneimittelversorgung in Deutschland völlig neu zu ordnen und viele Apotheken in Ihrer Existenz gefährden, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich.

Auch Minister Gröhe hatte sich schnell positioniert: "Für die Menschen in unserem Land ist Qualität und Sicherheit in der Arzneimittelversorgung unabdingbar mit einem flächendeckenden Netz wohnortnaher Apotheken verbunden. Der Versandhandel kann die wohnortnahe Versorgung durch Präsenzapotheken nicht ersetzen."

Die Branche der stationären Apotheken begrüßte den Schritt. "Das ist ganz im Sinne der Patienten, vor allem der Alten, Kranken und Schwachen", sagte Thomas Preis, der Vorstandschef des Apothekerverbands Nordrhein. "Ein Verbot des Versandhandels ist alternativlos", ergänzte Preis. Denn Medikamente auf Rezept seien keine herkömmlichen Waren. Die Apotheken vor Ort seien die einzigen Stellen, die eine Versorgung mit allen Arzneimitteln sicherstellen könnten. Schmerzmittel, gekühlte Medikamente wie etwa Insulin oder Arzneien, die in den Laboren von Apotheken hergestellt würden, dürften ohnehin nicht versandt werden.

Eine andere Sicht hat der Kölner Gesundheitsökonom Jochen Pimperz. Er bezweifelt, ob ein Verbot von Versandapotheken nötig sei, um die flächendeckende Versorgung mit Arzneien sicherzustellen. Eine Privilegierung des grenzüberschreitenden Versandhandels, die sich durch das Urteil ergebe, sei zwar abzulehnen. Aber ein Verbot der Versandapotheken, so Pimperz, sei nicht "die einzige wettbewerbspolitische Option". Auch der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Versandapotheken BVDVA, Christian Buse, forderte gleiches Recht für alle: "Es kann nicht sein, dass es nach dem EuGH-Urteil zu einer Inländerdiskriminierung kommt."

Nach dem Urteil hatten bereits die Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen Vorstöße im Bundesrat angekündigt, um den Versandhandel zu verbieten. Das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten macht 83,3 Prozent des Umsatzes deutscher Apotheken aus. Von denen kommen erst 1,5 Prozent über den Versandhandel an die Patienten. Bei den frei verkäuflichen sind es bereits zehn Prozent. Experten bezweifeln freilich, dass der Versandhandel weite Teile des Umsatzes übernehmen kann.

(RP)
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