Bundeswehr Merkel gegen Wiedereinführung der Wehrpflicht

Berlin · Als Konsequenz aus dem Fall des rechtsextremen Offiziers Franco A. wird über die Rückkehr zur Wehrpflicht diskutiert. Kanzlerin Merkel spricht sich dagegen aus.

"Was die Bundeswehr braucht, ist Berechenbarkeit in ihrer Entwicklung", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in Berlin nach einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Es sei eine grundsätzliche Entscheidung getroffen worden, erläuterte die Kanzlerin mit Blick auf die Aussetzung der Wehrpflicht 2011. "In der Kontinuität dieser Entscheidung sollten wir jetzt auch die nötigen Reformen vornehmen."

Merkel unterstützte die von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorgeschlagenen Konsequenzen aus dem Fall eines mutmaßlich rechtsextremen Oberleutnants, der unter Terrorverdacht steht. Dazu gehören eine Überprüfung der Wehrdisziplinarordnung und ein neues Programm "Innere Führung heute". Die Kanzlerin hob den "von der überwiegenden Mehrheit sehr, sehr gut geleisteten Dienst" hervor.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg hatte angesichts der Affäre eine Rückkehr zur Wehrpflicht gefordert. Die Aussetzung habe bewirkt, dass die Bundeswehr keinen Querschnitt der Gesellschaft mehr abbilden könne, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch der Historiker Michael Wolffsohn hatte eindringlich für Wehrpflicht geworben.

"Ohne Allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht — für Männer und Frauen — geht es nicht", sagte der ehemalige Professor der Bundeswehr-Hochschule in München der Zeitschrift "Publik-Forum". Sonst sei nur noch eine Möglichkeit denkbar, so Wolffsohn, "eine Söldnerarmee à la Fremdenlegion". Dies wäre "ein Albtraum".

Nach der Aussetzung der Wehrpflicht kämen vermehrt Extremisten in die Bundeswehr gekommen, sagte Wolffsohn. "Heute will kaum jemand mehr zur Bundeswehr außer Idealisten, jungen Leuten, die auf dem boomenden zivilen Arbeitsmarkt nicht unterkommen, und eben Extremisten".

Letztere wegen der kostenlosen Schießausbildung und des Zugangs zu Waffen, erklärte er. "Die Folgen sehen wir jetzt: Franco A. dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein." Idealisten und Demokraten gerieten in der Bundeswehr in die Defensive. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) registrierte seit dem Ende der Wehrpflicht mehr als 2500 rechtsextremistische Verdachtsfälle bei der Bundeswehr.

(wer/dpa)
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