Wohnungspolitik "Mietpreisbremschen" und wütende Makler

Berlin · Bundesjustizminister Heiko Maas wirbt mit einer roten Notbremse für seine Mietpreisreform. Doch den einen geht sie nicht weit genug, die Makler hingegen fürchten deutliche Geschäftseinbußen - und klagen.

Peer Steinbrück hat als SPD-Kanzlerkandidat gern die Geschichte des Studenten Martin erzählt, der eine 1-Zimmer-Wohnung in Frankfurt findet, die bisher 400 Euro gekostet hat. Dann sage ihm der Vermieter, nee, die Wohnung koste jetzt 520 Euro. "Martin ist völlig entsetzt. Das sind ja 30 Prozent mehr bei Neuvermietung. Ja, sagt der Vermieter, entweder top oder hopp", schilderte Steinbrück, der die Wohnung auch mal gerne nach Berlin, Hamburg oder München verlegte.

Nun wurde Steinbrück bekanntermaßen nicht Kanzler, aber die SPD darf als Juniorpartner der Union mitregieren - und ihr Justizminister Heiko Maas (SPD) ist nun der Vollstrecker einer "Mietpreisbremse": allerdings in deutlich abgespeckter Variante. Am Mittwoch hat das Kabinett den Kompromiss beschlossen. Er ist aber sehr umstritten.

"Mietpreisbremse" hört sich gut an. Bremsen suggeriert energisches Handeln, auch das Wort "Strompreisbremse" machte schon Karriere. Maas wirbt für sein nach hartem Ringen und großem Lobbydruck auf den Weg gebrachtes Konzept mit einer roten Notbremse. Damit dürfen die Mieten in bestimmten Lagen (die von den Bundesländern festgelegt werden müssen) bei Neuvermietungen nur maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Der Mieterbund kritisiert, dass bisher nicht klar sei, was Vermieter bei einem Ignorieren der Bremse zu befürchten haben - die Mieterlobby fordert deutliche Sanktionen.

Das sind die Mietpreise in Düsseldorf
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Foto: Endermann, Andreas

Und aus Sicht der stellvertretenden Fraktionschefin der Linken, Caren Lay, handelt es sich nur um ein "Mietpreisbremschen". Denn auf Druck der Immobilienwirtschaft werden Neubauten und Vermietungen nach teuren Sanierungen ausgenommen, was eine zweischneidige Sache ist. Zum einen werden dringend neue Wohnungen in gefragten Land gebraucht, denn weniger Mangel senkt auch die Mietpreise. Zugleich richtet sich die Mietpreisbremse aber nach der ortsüblichen Durchschnittsmiete.

Werden nun in einem Viertel viele neue Luxuswohnungen gebaut oder Wohnungen teuer saniert, treiben diese von der Bremse ausgeklammerten Immobilien die Durchschnittsmiete automatisch nach oben. Bei den anderen Wohnungen in der Gegend greift dann ab Frühjahr 2015 die 10-Prozent-Grenze. Beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete acht Euro je Quadratmeter, dürfen höchstens 8,80 Euro verlangt werden. Bei bestehenden Verhältnissen ändert sich nichts - hier darf die Miete in gefragten Lagen binnen drei Jahren um bis zu 15 Prozent steigen.

Während auf dem Lande die Mietpreise vielfach purzeln, wird vor allem in den gefragten Stadtlagen an der Preisschraube gedreht, unter zehn Euro den Quadratmeter ist immer seltener etwas schönes zu bekommen.
Das Ministerium listet auf: Münster plus 30 Prozent bei Neuverträgen, Regensburg sogar 33 Prozent mehr, Hamburg und München 25 Prozent mehr, Berlin plus 19 Prozent. Ein Extrembeispiel: Eine luxuriöse Zwei-Zimmer-Wohnung in der Münchner Altstadt, 103 Quadratmeter. Kaltmiete 3390 Euro. Dazu kommen noch rund 8000 Euro Maklerprovision.

Besonders einer nicht gerade hoch angesehenen Berufsgruppe stößt die Reform bitter auf, sie will nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen: den bundesweit rund 12 000 Maklern. Sie fürchten um ihre lukrativen Aufträge. Denn eingeführt wird auch das Bestellerprinzip.

Wer den Makler beauftragt, zahlt - und nicht wie bisher meist der Mieter, der für Besichtigung, Exposé und Vertragsabschluss in der Regel 2,38 Monatsmieten zahlen muss. Der Vermieter könnten verstärkt selbst die Abwicklung übernehmen, um sich die Maklerkosten zu sparen.

Allerdings hat er dann den Stress mit Papierkram und stundenlangen Besichtigungstouren. Nimmt er einen Makler in Anspruch, könnte er bei Abstandszahlungen für eine Küche oder Schönheitsreparaturen mehr als nötig verlangen, um auf diesem Umweg die Kosten reinzubekommen.

Juristischer Streit ist vorprogrammiert, meint Christian Osthus, Leiter der Abteilung Recht beim Immobilienverband Deutschland. Zudem rechnet er damit, dass es mehr Mietverträge mit Mindestlaufzeiten von drei Jahren und mehr geben wird, weil Vermieter nicht ständig wieder einen Makler bestellen wollen oder selbst Wohnung anbieten müssen.

Einig sind sich fast alle, dass die beste Preisbremse der Bau neuer, bezahlbarer Wohnungen in gefragten Lagen ist. Hamburg zum Beispiel will 6000 neue Wohnungen pro Jahr bauen, davon 2000 für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen - auch damit Studenten wie der von Steinbrück kreierte Martin keine böse Überraschung mehr erleben.

(dpa)
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