Berlin Gabriel stellt Rezeptbuch für deutschen Wohlstand vor

Berlin · Ein weiß-goldener Stoffumschlag hält die Wortbeiträge von 178 Politikern, Unternehmern und anderen Prominenten zusammen. Das Register liest sich teils wie ein Auszug aus Wolfgang Clements Telefonbuch. Er, der einstige Sozialdemokrat und spätere FDP-Wahlkämpfer, ist der Herausgeber des viereinhalb (!) Kilogramm schweren Buches "Das Deutschland-Prinzip".

Das Werk soll nicht weniger sein als das Rezeptbuch des deutschen Wohlstands. Soziale Marktwirtschaft, starker Mittelstand, duales Ausbildungssystem, Reformwillen: Es sind altbekannte Schlagworte, die sich im Buch tummeln - aber sie seien nun mal der Grund dafür, warum es Deutschland auch in Krisenzeiten vergleichsweise gut geht.

Das findet auch SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel - und folgt wohl auch deshalb Clements Einladung in den Keller des Berliner Kulturkaufhauses Dussmann, um das Buch kritisch zu würdigen. Dass sich Gabriel trotz Plenar-Debatte und Griechenland-Krise dafür fast zwei Stunden Zeit nimmt, lässt auch unabhängig vom Inhalt des Buches tief blicken.

Gabriel, der seiner im Umfragetal verharrenden Partei mit aller Macht ein wirtschaftskompetentes Profil verpassen will, umgarnt Clement mit seinem Besuch. Das Signal: Seht her, ich fühle mich auch im Streitgespräch mit dem Kurator der wirtschaftsliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) wohl.

Das war jedoch nicht immer so. Schließlich wollte die SPD Clement im Jahr 2008 noch aus der Partei werfen, als der öffentlich davon abriet, Sozialdemokraten zu wählen. Später engagierte sich Clement für die FDP, ist heute Vorsitzender bei der von vielen Genossen verabscheuten INSM.

Bei der Buchvorstellung aber spielen sich die beiden Haudegen die Bälle zu. Gabriel springt dabei kampfeslustig von einem "Wolfgang, du hast völlig recht" zu einem "Ich freue mich, dass endlich auch die INSM verstanden hat, dass in Deutschland nicht alles schlecht ist".

Am Ende bleibt der Eindruck eines streitlustigen Vizekanzlers, der die SPD bei den kommenden Parteitagen noch in heftige Diskussionen stürzen dürfte. Dass nur rund 30 der fast 180 Autoren Frauen sind, hat hoffentlich nichts mit dem "Deutschland-Prinzip" zu tun.

(jd)
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