Nachruf Lothar Späth 1937-2016

Vor fünf Jahren, als ihn die Demenz-Erkrankung noch nicht heimgesucht hatte, resümierte Lothar Späth sein Leben in Politik und Wirtschaft so: "Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden." In Wahrheit gehörte der Mann ohne Abitur und akademische Prägung, der jeweils gut zwölf Jahre an der Spitze Baden-Württembergs und der Jenoptik GmbH gewirkt hat, zu den Erfolgreichen im Land. Vielleicht hatte Späth, der gestern im Alter von 78 Jahren in einem Pflegeheim bei Stuttgart gestorben ist, die Lebens-Bilanzeinschränkung aufs Private bezogen, weil er und seine Frau Ursula ab 2014 nach 52 Ehejahren getrennte Wege gingen. Der Christdemokrat mit der "schwäbischen Gosch" war zwischen 1978 und 1991 Ministerpräsident seines Heimatlandes. Auf Initiative des Hightech-Fans mit der flinken Zunge und den nie versiegenden Ideen für ein modernes Industrie-, Wissenschafts- und Mittelstands-Eldorado im Südwesten siedelte sich etwa Daimler in Rastatt an, und die Universitätslandschaft um Ulm sowie Forschungseinrichtungen und Kultur-Leuchttürme wurden erweitert.

Die Kehrseite seines Engagements: hohe öffentliche Verschuldung.

Späth, der Inspektor in der Verwaltung, Bürgermeister von Bietigheim und Geschäftsführer einer Baugesellschaft war, sagte, diese Erfahrungen hätten ihm ab 1991 an der Spitze von Jenoptik genutzt. Jenoptik wurde zu einer der raren Erfolgsgeschichten abgewickelter alter DDR-Kombinate. 1991 trat Späth als Ministerpräsident zurück, weil ihm zu große Nähe zu einem Unternehmer vorgehalten wurde. Und da war der CDU-"Putschversuchs"-Parteitag 1989. Späth sollte gemeinsam mit anderen Bundeskanzler Helmut Kohl den Parteivorsitz entreißen. Doch Kohl setzte sich durch und seinen Rivalen in der CDU-Führung schachmatt. Ironie des Schicksals: Die von Kohl gemanagte Wiedervereinigung bereitete Späth den Weg zum Erfolg im Wirtschaftsleben.

(RP)
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