Analyse "Mehr Solidarität mit den Tibetern zeigen"

Gastbeitrag In Tibet häufen sich die Selbstverbrennungen aus Protest gegen die chinesische Herrschaft. Der Publizist Franz Alt fordert angesichts der dramatischen Ereignisse mehr Engagement des Westens.

Beinahe Tag für Tag stirbt ein Stück Tibet. Seit März 2011 haben sich auf dem Dach der Welt über 90 Männer und Frauen aus Protest gegen die chinesische Unterdrückung selbst angezündet. Eines der jüngsten Opfer war ein 16-jähriges Mädchen. 80 Menschen sind bei diesen Protestaktionen gestorben. 20 waren buddhistische Mönche. Im November 2012, als China eine neue politische Führung erhielt, war die Zahl der Selbstverbrennungen mit 28 bisher am höchsten.

Diese drastischste Form des politischen Protestes zeigt die furchtbare Notlage der Tibeter und ihre Not unter chinesischer Besatzung seit 1950. "China vergewaltigt Tibet religiös und kulturell. Hier geschieht ein kultureller Völkermord", klagt der Dalai Lama seit Jahrzehnten. Millionen Chinesen wurden auf dem tibetischen Hochland angesiedelt – in ihrer Hauptstadt Lhasa sind die Tibeter schon lange eine Minderheit. Menschen, die Autonomie und Freiheit für Tibet fordern, landen im Gefängnis, und wer auch nur für die Rückkehr des Dalai Lama protestiert, wird bestraft.

Die Kommunistische Partei Chinas gibt der "Dalai-Lama-Clique" die Schuld an den zunehmenden Selbstverbrennungen: Er stifte seine Landsleute dazu an. Doch der religiöse Führer im indischen Exil sagt, jeder Selbstmord schmerze ihn zutiefst. Die tibetische Exilregierung hat wiederholt an die Tibeter appelliert, nicht zu dieser radikalen Form des Protestes zu greifen.

Es gibt nur eine realistische Möglichkeit, Tibet zu helfen: Das Jahr 2013 sollte ein Jahr der internationalen Solidarität werden. Das wirtschaftlich starke China wird nur dann die Menschenrechtsverletzungen mindern, wenn von außen mehr ökonomischer und politischer Druck ausgeübt wird. Die Bundeskanzlerin hat vor einigen Jahren den Dalai Lama empfangen. Heute ist ein solches Zeichen der Solidarität wichtiger denn je. Und Bundespräsident Gauck weiß aus eigener DDR-Vergangenheit, wie wichtig die Solidarität für die Geschundenen und Verzweifelten ist, um wenigstens etwas Hoffnung zu vermitteln. Auch er sollte den Dalai Lama 2013 einladen. Jeder Wirtschaftsführer sollte seine Kontakte zu Peking nutzen und deutliche Worte und Konsequenzen nicht scheuen.

Schlimm ist, dass eine Großmacht wie China eine der ältesten Hochkulturen unseres Planeten ausrotten will. Genauso schlimm aber wäre es, wenn dies im Zeitalter des Internets und der schnellen globalen Kommunikation ohne internationale Reaktion und Proteste möglich wäre. Erst nach einer deutlichen Verbesserung der Menschenrechte in Tibet werden die unerträglichen Selbstverbrennungen aufhören.

Der Autor Franz Alt (74) ist Publizist und Experte in Energiefragen.

(RP)
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