Düsseldorfer Landtag Lindner stiehlt Laumann die Show

Düsseldorf · Wer ist der eigentliche Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag? In der Debatte über die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft brillierte der Fraktionsvorsitzende der FDP mit geschliffenen Attacken, während sein CDU-Kollege Laumann eine eher durchwachsene Rede hielt.

FDP-Chef Porträt: Das ist Christian Lindner
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Christian Lindner – der Überflieger

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Foto: dpa/Focke Strangmann

Am Schluss seiner Landtagsrede bekommt Karl-Josef Laumann sogar stehend Beifall von den Seinen. Doch nicht alle erheben sich von den Stühlen. CDU-Landeschef Armin Laschet, der lieber heute als morgen den Vorsitz der Landtagsfraktion von Laumann übernehmen würde, bleibt sitzen, wie überhaupt er seinem innerparteilichen Gegenpol in den zurückliegenden 50 Minuten nur wenig Beifall gespendet hat. Dabei kann Laschet auch anders, wie sich später zeigt: Nach der Rede von FDP-Fraktionschef Christian Lindner applaudiert Laschet geradezu euphorisch. Zu Recht?

Kritik am Finanzhaushalt

Es ist der Tag der Aussprache über die Regierungserklärung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Laumann ist der erste Redner der Opposition. Er wirft der Ministerpräsidentin vor, "kein Bild keine Vision" davon zu haben, wie Nordrhein-Westfalen in Zukunft aussehen soll. Laumann attackiert die Regierung an ihrer empfindlichsten Stelle, den Finanzen. Rot-Grün weigere sich, den Haushalt in Ordnung zu bringen; diese Politik führe in die Sackgasse, schimpft der gelernte Maschinenschlosser, doch noch ist seine sonore Stimme eher gedämpft.

Wenn der Ausgabenabbau im bisherigen "Tempo" weitergehe, werde die Regierung 36 Jahre brauchen, um die Neuverschuldung auf null zu senken, rechnet der 55-jährige Westfale süffisant vor. Sein Fazit an die Adresse von Hannelore Kraft: "Es gibt in ganz Deutschland keine verantwortungslosere Haushaltspolitik als Ihre."

Zu viele Bürokratisches Hemmnisse

Richtig in Fahrt gerät Laumann, als er Rot-Grün doppeltes Spiel in Sachen Wirtschaftspolitik vorwirft: Die Regierung verweise zwar gern auf ihr neues Mittelstandsgesetz, doch in Wirklichkeit überfrachte sie die kleineren und mittleren Betriebe mit bürokratischen Hemmnissen. Wenn Laumann wie jetzt das Manuskript beiseitelegt und mit dröhnender Stimme Tacheles redet, überzeugt er in der Rolle des gestandenen Oppositionsführers, der schonungslos mit der Regierung abrechnet.

Das gilt auch für seine Angriffe auf das Credo der Regierung, sie wolle "kein Kind zurücklassen". Bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren (U 3), so kontert Laumann, habe Rot-Grün ebenso "gepennt" wie beim bevorstehenden doppelten Abiturjahrgang und dem gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung. Das alles prangert der Christdemokrat eindringlich an.

Aber es gibt da auch den anderen Laumann, der massenweise Silben verschluckt, sich verhaspelt und grammatikalische Anschlüsse versemmelt, mithin erhebliche rhetorische Defizite offenbart, über die manche milde hinweglächeln, während andere darauf mit Häme reagieren. Alles in allem mithin eine durchwachsene Rede, die nicht als Highlight in die Landtagsannalen eingehen wird.

Lindner pariert gekonnt

Und dann tritt Lindner ans Rednerpult — ohne Manuskript und ohne Notizen. Der 33-jährige Partei- und Fraktionschef der FDP knöpft sich — sprachlich geschliffen und schlagfertig auf Zwischenrufe reagierend — einen nach dem anderen aus Krafts Regierungsmannschaft vor. Zahlen, Zitate — alles hat Linder parat, als läse er von einem für die Zuhörer unsichtbaren Bildschirm ab. Vor allem auf Umweltminister Johannes Remmel hat es Lindner abgesehen.

Er wirft dem Grünen vor, sich mit dem geplanten, aber doch wohl vollkommen überflüssigen NRW-Klimaschutzgesetz "ein neues Machtinstrument schmieden" zu wollen. Und auch Laumann bekommt einen verbalen Streifschuss ab: Nicht zu viel Liberales, wie dieser meine, schade der CDU, "sondern zu viel Grün.

Rot-Grün in der Mangel

"Der Geist Ihrer Politik ist Verteilen vor Erwirtschaften", wirft Lindner der Regierungschefin vor. In seiner nahezu druckreifen, mit Verve vorgetragenen Rede prangert er die von Rot-Grün bediente "Vollkasko-Mentalität" an, warnt vor einer "Überdehnung der Solidarität". Kraft wolle die Menschen mitnehmen — aber wohin, sei unklar. Als die Angegriffene sich echauffiert, mahnt Lindner zur Gelassenheit: "Das passt nicht zu Ihnen."

Auffallend, dass Laumann nach Lindners Rede keine Hand zum Beifall rührt, während Laschet neben ihm begeistert wirkt. Tatsächlich hat der FDP-Politiker mit seinen brillanten Attacken seinen Ruf als eigentlicher Oppositionsführer gefestigt. Das ungleiche Duell dürfte Zweifel jetzt nähren, ob die CDU personell richtig aufgestellt ist.

Parteifreunde drängen Laumann, zur Bundestagswahl 2013 im sicheren Wahlkreis Steinfurt III zu kandidieren, zumal auf diese Weise Laschet der Weg an die Fraktionsspitze geebnet würde. Der Haken ist: Als Fraktionschef in NRW erhält Laumann doppelte Bezüge — brutto über 20 000 Euro im Monat. Als "einfacher" Bundestagsabgeordneter müsste er sich mit knapp 8000 Euro begnügen — es sei denn, es gäbe eine lukrative Offerte.

(csi/das)
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