Silvester 2012 in Düsseldorf Arbeiten, wenn die anderen feiern

Düsseldorf · Silvester ist längst nicht für alle Menschen ein freier Tag. Viele müssen arbeiten und freuen sich sogar darauf, wie der Küchenchef vom Düsseldorfer Interconti oder eine Forscherin in der Antarktis.

Diese Düsseldorfer arbeiten, wenn andere Silvester feiern
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Das neue Jahr war gerade mal vier Minuten alt, da kam in Benrath die kleine Giuli auf die Welt - das erste Baby des Jahres 2012. Einen Moment später schaute Hebamme Mireille Bernat aus dem Fenster und sah in der Ferne das Funkeln der Silvesterraketen: "Ein wunderbarer Augenblick." In dieser Nacht zu arbeiten, ist für sie "gar nicht schlimm" und eher selbstverständlich - wie auch für Polizisten, Feuerwehrmänner, Taxifahrer, Kellner. Sie und noch ein paar andere Düsseldorfer sind im Einsatz, wenn alle anderen feiern. Und für einige von ihnen ist die Arbeit sogar ein Fest.

"Wir freuen uns darauf, Silvester zu arbeiten", sagt Sönke Höltgen (33), Küchendirektor des Interconti an der Kö mit Nachdruck. Damit das Jahr auch mit einem kulinarischen Feuerwerk endet, hat er lange voraus das große Silvestermenü geplant und organisiert. "Wir arbeiten an diesem Tag mit dem besten, was der Markt hergibt, das ist für uns alle eine große Motivation." Wir - das sind rund 30 Köche, die am letzten Tag des Jahres im Schichtdienst mit ihrer Kunst glänzen wollen. Der Chef allerdings kommt morgens um 7.30 Uhr und wird wohl erst lange nach Mitternacht das Haus verlassen.

Schließlich hat er mit seinen drei Stellvertretern die sechs Gänge des Abends komponiert, hat lange voraus die Carabineros ("Wildgarnelen von einzigartiger Qualität") und die Steirischen Kalbsbäckchen bestellt, die nun 72 Stunden in Pflaumenwein schmoren. Kurz vor den Feiertagen sei alles doppelt so teuer, deshalb müsse er frühzeitig planen. Am Silvestermorgen werden dann in der Frühbesprechung noch mal die Details des kulinarischen Schlussakkords besprochen, "jeder weiß genau, was er zu tun hat." Äußerste Präzision gibt nun den Takt an. Gegen Mittag wird von jedem Gericht ein Probeteller angerichtet sein, falls noch minimale Korrekturen nötig sind. Und was macht der Chef am Abend? Sönke: "Die Einteilung von Kaviar und Trüffeln, das ist Chefsache."

Silvester arbeiten, ja gerne. Und am liebsten am Südpol. Dorthin zieht es die Biologin Sieglinde Ott schon seit Jahren. Die Professorin der Düsseldorfer Uni untersucht Flechten, deren Überlebenskunst ihren Forschergeist beflügelt: "Sie überstehen extreme Temperaturen und starkes Licht." Eigenschaften, die möglicherweise mal zum Wohle des Menschen genutzt werden, für Schutzkleidung oder neuartige Sonnencremes. In der Antarktis gedeihen die Flechten besonders artenreich, deshalb ist Sieglinde Ott regelmäßig: die Frau, die in die Kälte geht.

Silvester in einer britischen Forschungsstation am Südpol bietet ideale Arbeitsbedingungen. "Und deshalb nutzt man seine Zeit", so die Wissenschaftlerin. Am Abend aber treffen sich Kollegen aus aller Welt zum Dinner und danach: Sekt, Musik, Tanz, aber keine Knaller. Die sind aus Sicherheitsgründen verboten. Und Neujahr gehen alle wieder in ihr Labor und arbeiten - was sonst? "Aber wenn man aus dem Fenster schaut, schwimmt vielleicht gerade ein Eisberg vorbei."Ganz so spektakulär ist ihr Ausblick nicht: Drei Männer von den Stadtwerken in Flingern werden in der Silvesternacht dafür sorgen, dass in Düsseldorfer nicht die Lichter ausgehen. Sie überwachen auf einer riesigen blinkenden Kontrollwand die Netze für Strom, Wasser, Fernwärme: "Die roten Linien sind die Hauptleitungen vom Kraftwerk zu den rund 40 Verteilungs-Anlagen", erläutert Michael Reitz. Den Silvesterabend in Gesellschaft seiner Kollegen zu verbringen, das sei ganz in Ordnung, meint der Mann vom Notdienst, "meine Frau ist Krankenschwester, die muss an Feiertagen auch zum Dienst."

Rund 100 Mal klingelte letztes Jahr Silvester das Telefon der Stadtwerke. "Eine ganz normale Nacht", erinnert sich Norbert Maidorn, der auch diesmal im Einsatz ist. Denn bei 10 000 Kilometern Stromleitungen und fast ebenso vielen Gas- und Wasserleitungen, "passiert halt ständig was." Ein Kurzschluss hier, ein geborstenes Wasserrohr dort, oder die Feuerwehr fordert Hilfe an, wenn eine Rakete in einen Kellerschacht gefallen ist und dort ein Feuer auslöst. "Dann schicken wir unseren mobilen Einsatzdienst raus, um die Sicherungen zu ziehen." Und um Mitternacht gibt?s ein Glas Sekt? "Auf keinen Fall, Alkohol ist tabu."

Dass sieht Mireille Bernat, die Hebamme aus der Sana-Klinik in Benrath, anders. Sie hat schon viele Silvesterabende im Kreißsaal verbracht, so wie im letzten Jahr. "Da haben wir auf die glückliche Geburt der kleinen Giuli und auf das neue Jahr angestoßen." Auch die Mama bekam einen Schluck und konnte vom 5. Stock des Krankenhauses das Feuerwerk bewundern - ein glitzernder Gruß aus der Altstadt. "Das war schon ein besonderes Erlebnis, dass das erste Kind des Jahres hier bei mir auf die Welt kam", sagt die gebürtige Französin Mireille Bernat. Das wird sie heute Nacht nicht erleben, denn sie hat frei und feiert - wie (fast) alle anderen auch.

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