"Feuerzangenbowle" in Düsseldorf Kraft schmunzelt über falschen Abiturienten

Düsseldorf · Eigentlich war es eine Schnapsidee. Würde ein doppelt promovierter Arzt heute noch einmal das Abitur bestehen? Eckhard Roth machte die Probe aufs Exempel. Und soll sein neues Zeugnis nun zurückgeben.

 Mag Spoerl und die Feuerzangenbowle: Augenarzt Eckhard Roth. Als "externer Autodidakt" machte er zum zweiten Mal das Abitur.

Mag Spoerl und die Feuerzangenbowle: Augenarzt Eckhard Roth. Als "externer Autodidakt" machte er zum zweiten Mal das Abitur.

Foto: Andreas Endermann

Eckhard Roth sitzt der Schalk im Nacken. "Ich hab Spaß an der Schauspielerei", sagt der Augenarzt mit Praxis an der Friedrichstraße. Ein nützliches Talent. Jedenfalls für sein Projekt "Abitur — das Zweite". Die Idee, nach 37 Jahren noch einmal das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife zu erwerben, kam dem bald 56-Jährigen in der Kneipe "Die Blende". Dort saß der Düsseldorfer mit eben jenen Kumpeln zusammen, die wie er in den 1970er Jahren die Schulbank am Geschwister-Scholl-Gymnasium gedrückt hatten. "Von 45 Jungen und Mädchen, die 1967 in die fünfte Klasse kamen, bestanden nur elf das Abitur", erinnert sich Roth.

Ein Anreiz mehr, es dreieinhalb Jahrzehnte später noch einmal zu probieren. "Wetten, dass du es nicht schaffst?", unkten die Stammtisch-Kollegen. Prompt meldete Roth sich am Kolleg seines eigens eingerichteten Zweitwohnsitzes in Oberhausen als "externer Autodidakt" an, reichte eine Geburtsurkunde und einen in weiten Teilen frei erfundenen Lebenslauf ein. Demnach war er als Kind mit den Eltern nach Singapur ausgewandert, wurde dort von Privatlehrern unterrichtet, schlug sich später als Schiffskoch auf den Meeren dieser Welt durch. "Meinen Ausweis mit dem doppelten Doktor musste ich erstaunlicherweise zu keinem Zeitpunkt vorlegen."

Mehrere Monate paukte der Facharzt für Augenheilkunde, der auch Diplom-Physiker, Diplom-Mathematiker und Augenoptiker-Meister ist, die ihm von seinen Stammtisch-Freunden "zugeteilten" Fächer — darunter Deutsch, Philosophie, Mathematik und Französisch. Vor allem Letzteres war eine kleine Boshaftigkeit. Denn diese Sprache hatte Roth zuvor nie gelernt. Dennoch kam der Mann ("am liebsten wäre ich Hochschulprofessor geworden") nach rund 150 Stunden Lern-Einsatz in diesem Sommer ans ersehnte Ziel. Mit 479 Punkten und der Durchschnittsnote 3,0 bestand er 37 Jahre nach der Premiere ein zweites Mal.

"Einfach nur toll", fanden die Düsseldorfer Freunde den Coup auch deshalb, weil er an die Feuerzangen-Bowle des Düsseldorfer Schriftstellers Heinrich Spoerl und seinen auf jung getrimmten Pennäler Johann Pfeiffer ("mit drei f") erinnert. "Der besuchte vor mehr als 100 Jahren die Oberrealschule am Fürstenwall, die später in unserem Geschwister-Scholl-Gymnasium aufging", erzählt Roth.

Doch was den fünf Freunden Lachfalten in die Augenwinkel zaubert, sorgt bei der Bezirksregierung für Stirnrunzeln. Nachdem Roth "aus Fairness" sein Projekt dem Niederrhein-Kolleg beichtete, fordert die Behörde nun das Zeugnis zurück. "Ihr ,Feuerzangen-analoger' Einfall hat gut 25 Lehrkräfte in Anspruch genommen, die eine beträchtliche Anzahl von Arbeitsstunden ... investiert haben. ... Ihrem Vorschlag, dem für das Land NRW entstandenen Schaden angemessen zu begegnen, sehe ich entgegen", schreibt die Behörde. Das Zeugnis solle Roth bitte "unverzüglich" zuleiten. Doch der denkt gar nicht daran. Stattdessen will er 2014 noch einmal antreten. "Um meinen Notenschnitt deutlich zu verbessern."

(RP)
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