Düsseldorf Monika Stricker malt mit Kunst-Schweiß

Düsseldorf · Die Düsseldorfer Konzept-Künstlerin arbeitet in ihrem Golzheimer Atelier mit einem geruchlosen, industriell hergestellten Double des Sekrets. In der Kunstszene wird sie zurzeit aufmerksam wahrgenommen.

 Eine Mischung aus Labor und Atelier: der Arbeitsplatz von Monika Stricker

Eine Mischung aus Labor und Atelier: der Arbeitsplatz von Monika Stricker

Foto: Hans-Juergen Bauer

Der Bildhauer, der im Schweiße seines Angesichts große Steinblöcke bearbeitet, unterscheidet sich fundamental vom Konzeptkünstler. Die Kunst des Konzeptuellen entsteht nämlich im Kopf - und die Umsetzung der Idee wird oft an geschickte Handwerker delegiert. Dass eine Konzeptkünstlerin nun den Schweiß als Arbeitsmaterial entdeckt hat, zeugt also schon mal von einer gewissen Ironie.

Vermutlich ist Monika Stricker die erste Künstlerin, die mit Schweiß malt und arbeitet. Wohl bemerkt: Nicht mit ihrer eigenen Transpiration, sondern mit industriell hergestelltem synthetischen Schweiß (DIN ISO 105 E04). Das geruchlose Sekret-Double kommt in diversen Produkt-Testreihen zum Einsatz. Die Tester möchten zum Beispiel wissen, wie Armbanduhren oder T-Shirts auf massive Schweißangriffe reagieren. Dass der synthetische Schweiß nicht riecht, entlarvt ihn als Fälschung. Er ist etwas Abstraktes.

Unzählige Mittel und Wege gibt es, um authentische, reale Dinge in etwas Abstraktes oder Fiktionales zu verwandeln. Hier findet Stricker ihre Ideen - und hier entsteht das "Spielfeld" für ihre Kunst. "Es muss auch Spaß machen", sagt sie - bei aller Ernsthaftigkeit. Warum ausgerechnet der Schweiß? Nun: Etwas Authentischeres als Schweiß kann man sich kaum vorstellen. Die Transpiration wird als Ergebnis von körperlicher Arbeit, Sport oder Angst sichtbar.

Auch gute Kunst kann Unsichtbares sichtbar machen, das weiß Monika Stricker. In ihren konzeptuell durchdachten Arbeiten dreht sich fast alles um das Unfassbare, um virtuelle Realität, um Abstraktion. Kein leichter Tobak. Sogar die realen Kunstwerke der Düsseldorferin machen sich beim Besuch in ihrem Golzheimer Atelier unsichtbar.

Stricker hat das Gros ihrer Arbeiten nämlich bereits in Kisten und Kartons verpackt. In den nächsten Tagen muss sie nach Brüssel umziehen, wo sie innerhalb eines Stipendiums ihr neues Atelier beziehen wird. Das renommierte "Wiels-Residenz-Programm" gilt als Laboratorium und Sprungbrett für talentierte Künstler aus aller Welt. Neun junge Talente erhalten dort die Chance, ihre Kunst in aller Ruhe weiterzuentwickeln. Etablierte Künstler, Kuratoren und Tutoren besuchen die Ateliers und begleiten die Stipendiaten mit Rat und Kritik.

Für ein Jahr wird die 34-jährige Künstlerin also im neuen Umfeld über die Beziehungen von künstlichen und echten Welten nachdenken können. Ein anschauliches Beispiel fischt sie dann doch aus dem Chaos des aufgelösten Arbeitszimmers heraus: eine ziemlich zerfledderte Männerhose. "Das ist eine Filmrequisite!", erklärt sie. "Kennen Sie Hulk?" Hulk - das ist doch dieser Comic-Held, der sich bei jedem Anflug von Wut in ein rasendes, grünes Monster verwandelt. Stricker hatte sich den Film angeschaut und forschte dann gezielt im Internet nach Webseiten, auf denen Film-Requisiten zum Kauf angeboten werden.

Ein paar Tage später kam die filmisch abgenutzte Hulk-Hose - eigentlich ein Stück Fiktion - per Post ins Haus. "Der Vorgang, dass man etwas aus einem Film kaufen kann, hat mich besonders fasziniert", erklärt sie. "Zweidimensionales wird greifbar und real." Wie sie das zerrupfte Beinkleid des Comic-Helden als schlüssiges Kunst-Konzept realisieren wird, das weiß sie noch nicht.

Die Kölner Galerie Clages vertritt ihre Arbeiten - und vielleicht wird man das fertige Werk demnächst in der Domstadt betrachten können. Dass es nicht leicht ist, mit konzeptuellen Arbeiten zu überleben, weiß Monika Stricker. Doch die junge Düsseldorferin wird momentan in der Kunstszene aufmerksam wahrgenommen und scheint auf einem guten Weg zu sein.

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