Schwerer Unfall in Düsseldorf-Eller "Wir zucken nicht, wenn ein Zug kommt"

Düsseldorf · Wie lebt es sich an Düsseldorfs gefährlichstem Bahnübergang? Auch nach dem erneuten Unfall am Hackenbruch in Eller bleiben Anwohner und Schrebergärtner gelassen. Aber: Die Bahn kommt schnell, wenn die Schranke fällt.

Düsseldorf-Eller: Auto von Lok erfasst
9 Bilder

Düsseldorf-Eller: Auto von Lok erfasst

9 Bilder

Wilhelm Lenger könnte so ein Unglück wie damals gerade wirklich nicht brauchen. Als im Dezember der Linienbus auf den Gleisen stehenblieb, sich die Bahnschranken senkten und ein Güterzug in ihn hineinraste. Damals schoss die Lok den Bahndamm hinunter in die Laube seines Nachbarn, mittendrin lag sie. Zum Glück war gerade Winter. Im Winter sind die Gärten leer, es wächst nichts, keine Tulpen, die nun in voller Blüte stehen, keine Narzissen, keine Traubenhyazinthen, die nun üppig Lengers Wege aus Bürgersteigplatten und Randsteinen markieren, in Blau, Gelb und Rot. Wenn hier eine Lok reinraste, wäre das alles futsch. Man will sich nicht ausmalen, wie es Lenger dann ginge, ein Berg von einem Mann, der, bevor er Rentner wurde, Hochkranführer war, nun aber mit allergrößter Leidenschaft über Brombeeren redet. Er sagt, "dumme Sache, das damals", aber früher hätte es gar keine Schranken am Bahnübergang gegeben, und da sei nie was passiert.

Er öffnet das Tor zu seinem Garten mit lehmverschmierten Händen, und so kommt man schnell auf das, was wirklich wichtig ist im Mai: die Obstblüte. Mehr als 30 Obstbäume hat Lenger auf seiner Parzelle gepflanzt. Er läuft durch den Garten, zeigt mit dem Finger auf die Bäume, deren Stämme er mit einem Schutzanstrich versehen hat. "Aprikose, Pflaume, Apfel, Pfirsich, Zwetschge." So viel Obst habe er im vergangenen Jahr gehabt, dass er es kiloweise verschenken musste. Lenger macht nur Obst, kein Gemüse, die Bäume kauft er nie im Baumarkt, sondern beim Gärtner. "So dick sind die Äpfel", sagt er, ballt die Hände zu kinderkopfgroßen Fäusten. "Die passen in keine Kiste."

Nachbar Christian Hauser schaut vom Gemüsepflanzen auf. Lenger ist inzwischen im "mediterranen Bereich" seines Gartens angekommen, wo frisch gekaufte Zitronenbäume auf ihre Töpfe warten. Lenger sagt "Tach!", Hauser kommt zum Zaun. Mit der Schranke ist alles in Ordnung, sagt er, ja, der Zug komme ein wenig schneller als früher, doch das Problem sei die fehlende Zeit, die Eile der Leute, "die versuchen, noch bei Rot über den Übergang zu kommen". "Jaja", sagt Lenger.

Hauser erzählt von den Nachbarn, denen der Zug durch die Küche gekommen ist. Vor 22 Jahren, als er seinen Garten übernahm, seien die dort ausgezogen. Die Laube — ein kleines Haus — wurde nur noch im Sommer genutzt, aber im Garten wären immer Familienfeste gewesen. "Nun streitet sich die Rheinbahn mit der Bahn, wer den Schaden denn bezahlen soll, und der Pächter will vom Garten nichts mehr wissen, weil er Angst hat."

Hauser freut sich auf die Zwetschgen, aus denen er Schnaps macht. Insgesamt sei die Stimmung in der Kolonie gut. Trotz der Unfälle. Früher seien die Nachbarn allerdings weniger lärmempfindlich gewesen. "Dabei geht es aber um Kinderlärm, wenn der Zug kommt, zucken wir nicht", sagt Hauser. Er will sich wieder seinem Gemüse widmen, Netze müssen gespannt werden, um die "riesigen Tauben" abzuwehren. Ein Fischreiher fliegt vorbei auf der Suche nach Zierfischen. Kurz geht es noch um eine Untertunnelung der Bahnlinie, doch da sind sich die Kleingärtner einig. "Zu teuer. Unnötig." Auch Karl-Heinz Piel zuckt mit den Schultern. Er verkauft Kartoffeln direkt hinter dem Bahnübergang auf dem Eller Kamp. Man muss einfach vorsichtiger fahren", sagt er. Dann bleibe alles schön friedlich hier.

(RP/url/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort