Meerbusch Erster Martinszug in Büderich

Meerbusch · Büderich Als ich den Martinszug 1912 auch hier im Ort einführte, der an manchen Orten des Niederrheins, besonders aber in Düsseldorf, schon lange Jahre in hervorragender Weise bestanden hatte, sammelten die Lehrpersonen und später ein Komitee Geld und Mehl und Äpfel. Für das Geld wurden Nüsse und Leckereien gekauft, so dass den Kindern außer dem großen Weckmann auch von diesen Sachen eine ganze Blase voll mitgeteilt wurde.

Bevor der Martinszug eingeführt wurde, taten sich die einzelnen Kinder gruppenweise zusammen und gingen Martinslieder singend an die Türen, um sich Gaben einzusammeln. So kamen dann die einzelnen Gruppen dann nacheinander an die Haustüren und schellten. Weil so viele Gruppen kamen, konnten durch die Familien dann nicht alle Kinder befriedigt werden.

Diesem Übelstand und den andauernden Störungen zu begegnen und abzuhelfen, beschloss ich mit dem Lehrpersonal dann, den Martinszug einzuführen. Vom zweiten Jahre an wurde von uns Lehrern bestimmt, dass die Schüler nur selbstangefertigte Fackeln tragen durften. Damit sollte die Selbständigkeit der Schüler angeregt werden.

Außerdem wurde für jede der 16 Klassen eine gemeinschaftliche Klassenfackel angefertigt. Der Formensinn der Kinder und der Väter, die oft dabei halfen, brachten auch manchmal künstlerische Formen zustande, so dass wir dazu übergingen, in jeder Klasse eine Anzahl der schönsten Fackeln zu prämieren. In den folgenden Jahren, besonders nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Martinszug so groß, dass wir zwei Musikchöre bestellen mussten. Es waren allein ohne die jüngeren Kinder, die von Angehörigen geführt wurden, über 800 Schulkinder. In den Kriegsjahren mit all seinen Nöten und Schrecknissen war der Zug unterblieben. Aber heute, am Sonnabend, dem 10. November 1945 um 6 ½ Uhr zog jetzt nach dem Kriege zum erstenmal der Martinszug wieder aus. St. Martin reitet auf einem Schimmel. Er trägt einen langen Bart und einen Bischofsstab. Der Zug mit Hunderten von selbstgebastelten Fackeln und bunten Lampions bietet einen prächtigen Anblick. Mit dem Musikchor vereinigen sich die zahlreichen hellen Kinderstimmen zu den bekannten Martinsliedern. Ehe sich der Zug ganz auflöste, wurden sämtliche Kinder mit einem "Martinsmann" beschenkt. Die Kinder hatten dafür 1 Teelöffel voll Zucker und 50 g Mehlmarken abgeben müssen. Jeder Bäcker backte dann eine Anzahl dieser sogenannten "Kloosmänner", die dann an die Kinder ausgegeben wurden.

Der Autor war Rektor der Volksschule in Büderich. Den Text haben wir seinen Tagebüchern entnommen.

(RP/ac)
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