Griechenland: Klassenfahrt in eine krisengeschüttelte Nation "... da ist viel kaputt gegangen"

Mit 16 Leuten ist mein Geschichts-Leistungskurs in diesem September auf Abschlussfahrt der Klasse 12 in Griechenland. Wir kommen gegen zehn Uhr abends am Athener Flughafen an und fahren zum Hotel. Es sieht hier überhaupt nicht so aus, wie man sich ein krisengeschütteltes Land vorstellt.

 Die Akropolis bleibt ein Touristen-Magnet - und Griechenland trotz Krise ein attraktives Reiseziel.

Die Akropolis bleibt ein Touristen-Magnet - und Griechenland trotz Krise ein attraktives Reiseziel.

Foto: dpa

Am nächsten Morgen geht es direkt zur Akropolis. Bereits um neun strömen die Touristenmassen durch den uralten Eingang auf die Akropolis. Überall streunen Hunde und Katzen herum. "Die Besitzer haben einfach kein Geld für Futter mehr," kommentiert ein Polizist, "die werden ausgesetzt, damit man es selbst besser hat."

Nichtsdestotrotz sind die antiken Kunstgüter unübertroffen. Der Parthenon, der Tempel der Athena, erstrahlt in alter Pracht. Strahlend weiß steht er in der heißen Sonne. Man erkennt, wo heutige Bauingenieure neue Marmorstücke eingesetzt haben, um den Tempel zu restaurieren. Der Ausblick über das träge brummende Athen ist ebenfalls unvergesslich. Danach besuchen wir noch das Dionysos-Theater und die Athener Agora, der antike Marktplatz der alten Metropole. Am letzten Abend führt unser Lehrer uns in eine Taverne, wo wir original griechisches Essen bekommen. In Deutschland hat man immer das Bild, dass der Grieche um die Ecke nur Industriepommes, Hühnchen, Feta, öliges Gyros, Fritiertes aller Art und Salat anbietet. Dieses Bild wird hier vollkommen auf den Kopf gestellt. Wir können uns durch ein Angebot aller möglichen griechischen Spezialitäten essen.

Nach vier Tagen in der Hauptstadt Griechenlands geht es mit dem Bus weiter Richtung Tolon, eine kleine Stadt am Meer. Dabei überqueren wir den Kanal von Korinth. Dieser ist durch eine schmale Landenge getrieben worden, damit Schiffe keinen Umweg von mehreren hundert Kilometern fahren mussten. Der Kanal ist 24 Meter breit, 80 Meter tief und 6,4 Kilometer lang. Als wir auf den Brücken über ihm stehen, stockt uns der Atem. Türkisblaues Wasser, steile Felswände und ein grandioser Blick durch den Kanal rauben einem den Atem.

Hier offenbart sich jedoch auch eine Facette der Krise. Bettelnde Kinder hocken und lehnen am Geländer. Sie halten Pappbecher in den Händen. Diese Kinder sind nicht nur Kinder der Eurokrise. Hier, auf der Brücke über den Kanal von Korinth schauen wir auch in die Augen der Flüchtlingskatastrophe, die Europa seit Wochen überzieht. Auf meine Frage, warum sie hier betteln, antworten die Kinder in gebrochenem Englisch: "Is try to come to Germany. Need money for travel". Nach dem kurzen Halt geht es weiter. Hier und da am Straßenrand, entdecken wir aufgegebene Häuser, Bauruinen und geschlossene Geschäfte. Die Krise regiert vor allem hier auf dem Land das Leben der Menschen.

In Tolon liegt unser Hotel etwas über der Stadt, so dass wir die See und die Häuser der Stadt überblicken. Am Abend gehen wir essen. Dabei fällt besonders auf, dass viele Lokale geschlossen sind und die Besitzer der anderen sich darum reißen, uns in ihr Etablissement zu bringen.

Am nächsten Tag genieße ich den griechischen Strand, schließlich geht tags drauf weiter nach Delphi. Die Stadt ist wie ausgestorben, als wir dort ankommen. Die Straßen jedoch sind gesäumt mit Hotels aller Art, von billigen Motels bis zu Fünf-Sterne-Tempeln. Die Grabesstille und die Ausgestorbenheit des Ortes irritieren. Dimitra Ilofakis, die Besitzerin unseres Hotels, sagt, nicht die Eurokrise, nicht der Flüchtlingsstrom, sondern die Nebensaison sei das Problem: "Im Sommer ist hier alles total überlaufen." Auf die Frage nach der Krise sagt sie: "Mich hat das nicht sehr getroffen. In Delphi profitieren wir alle von dem Heiligtum und den Touristen. Aber auf dem Land ist das besonders schlimm, da ist viel kaputt gegangen."

Als wir am nächsten Morgen wieder abreisen, revidiere ich mein Bild von Griechenland teilweise. Die Infrastruktur ist besser als ich es mir vorgestellt habe. Die Straßen waren keine reinen Asphaltlöcher. Die Bahnen kamen pünktlich und die Menschen waren Deutschen gegenüber nicht unhöflich. Die Krise hat das Land trotzdem fest im Griff. Griechenland bleibt dennoch ein schönes und sehenswertes Reiseziel.

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