Misserfolg und Führungskrise Selbstzerfleischung beim Club

Selbstzerfleischung ist wohl das richtige Wort. Erstliga-Absteiger und Aufstiegsfavorit 1. FC Nürnberg hat nicht nur den Saisonstart kräftig in den Sand gesetzt, sondern sich bei einer Aufsichtsratssitzung zu Wochenbeginn auch noch ungebremst in ein Führungschaos manövriert.

 Turbulente Tage beim 1.FC Nürnberg.

Turbulente Tage beim 1.FC Nürnberg.

Foto: dpa, dka sev soe nic

Im Zuge eines gescheiterten Sturzes von Sportvorstand Martin Bader und Finanzchef Ralf Woy sind die beiden Aufsichtsräte Hanns-Thomas Schamel und Manfred Müller zurückgetreten. Der Club macht sich gerade in ähnlicher Weise zum Gespött wie Bundesligist Hamburger SV im Vorjahr.

Schamel und offenbar der ehemalige Radioreporter Günther Koch, der Bader nach dem Abstieg noch öffentlich gestärkt hatte, waren Befürworter einer Abwahl der beiden Club-Vorstände. Die anderen sieben Mitglieder waren inklusive Müller gegen eine Demission. Sowohl Schamel als auch Müller sehen aber nun endgültig keine Basis mehr für eine konstruktive Zusammenarbeit.

Das höchste Vereinsgremium scheint heillos zerstritten und uneins über die Ausrichtung und Führung des neunmaligen deutschen Meisters. Es gebe dahingehend "gravierende Differenzen", teilte Unternehmer Schamel mit. Müller erklärte, der Aufsichtsrat sei kaum imstande, Kompromisse zu finden. "In einer solchen Atmosphäre möchte ich nicht arbeiten", sagte der einstige Club-Torwart.

Vor der Abstimmung über seine Zukunft hatte Bader noch seine Personalentscheidungen des Sommers verteidigen müssen, die den Zoff wohl mit auslösten. Danach gab er sich kämpferisch und bestritt Alleingänge. "Jede Entscheidung von mir wurde dem Aufsichtsrat immer schriftlich vorgelegt", sagte der 46-Jährige der Bild-Zeitung. Am Ziel Wiederaufstieg werde festgehalten. "In der Krise entscheidet sich die Qualität eines Vereins", fügte Bader an.

In Nürnberg könnte es jedoch bei einer ohnehin hoch emotionalen Mitgliederversammlung am 30. September zu spürbaren Machtverschiebungen kommen, da fünf der insgesamt neun Posten im Aufsichtsrat zur Wahl stehen. Auswirkungen auf die operative Führung sind in der Folge nicht auszuschließen. Aufsichtsratsboss Klaus Schramm bemühte sich, gelassen auf die hitzige Stimmung zu reagieren. In der Vergangenheit habe sich das Gremium ja "durch eine kollegiale Zusammenarbeit" ausgezeichnet.

Seit dem Abstieg aus der Bundesliga sind jedoch Gräben aufgebrochen, das Handeln beim 1. FC Nürnberg wirkt wenig durchdacht. Dem neuen Trainer Valerien Ismael haben Bader und der neue Fußball-Chef Wolfgang Wolf bislang 17 neue Spieler zu Verfügung gestellt. Von einer erfolgsversprechenden Idee ist aber nichts zu sehen, zwei von drei Meisterschaftsspielen gingen verloren, dazu gab es ein peinliches Aus im DFB-Pokal beim Drittligisten MSV Duisburg.

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Die Mannschaft ist ein Sammelsurium von Spielern, aber keine Einheit. Die Qualitäten des 38-jährigen Ismael werden bereits vor dem Auswärtsspiel am Freitag bei Union Berlin hinterfragt. Bader findet, der Franzose arbeite "gut und gewissenhaft. Er hat die Härte und Autorität", sagte er der Sport Bild. Dennoch drohen dem Club in allen Belangen chaotische Wochen.

(sid)
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