Borussia Dortmund steht unter Druck Herr Klopp hat Sorgen

Dortmund · Borussia Dortmund geht als Siebzehnter in die Rückrunde. Die ersten Spiele zeigen, wohin der Weg führt.

 Jürgen Klopp leidet mit Borussia Dortmund.

Jürgen Klopp leidet mit Borussia Dortmund.

Foto: ap

Deutschland ist in Sorge. Und Borussia Dortmund ist das Sorgenkind. Die Sonntagsblätter, der "Spiegel" und natürlich die Ruhrgebietszeitungen widmen dem einstweilen mal früheren Spitzenklub große Geschichten, in denen die Abstiegsangst zum Thema gemacht wird.

Selbst das Dortmunder Dreigestirn "Aki" (Watzke), "Susi" (Zorc) und "Kloppo" (Klopp) kann die ängstlichen Fans nicht nachhaltig beruhigen. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bekennt, in tiefer Grübelei so manche Nacht zu verbringen, Sportdirektor Michael Zorc sagt: "Es lief einiges schief." Und Trainer Jürgen Klopp verlangt: "Wir müssen alles vergessen, was in der Hinrunde war." Er sieht aber nicht so aus, als wenn ihm das gelingen könnte.

Denn auch ihn quälen erkennbar die Erinnerungen an die ersten 17 Bundesligaspiele der Saison, die er so anschaulich wie gewählt die "beschissenste Vorrunde" nennt. Da geht es ihm nicht anders als einigen BVB-Altstars, die zurzeit ihre Verzweiflung über die Lage des Klubs sehr gern öffentlich machen. Zu ihnen gehört der ehemalige Nationalspieler Thomas Helmer, der inzwischen als TV-Moderator arbeitet. Die Verantwortlichen "haben viel zu lange geglaubt, dass man so einfach da rauskommt", sagt Helmer. Und er entschließt sich zu der weisen Feststellung: "Jeder Trainer nutzt sich irgendwann mal, ein wenig zumindest, ab."

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So viel Bekennermut hat nicht jeder, der dem Siebzehnten der Tabelle nahesteht. Zweifel am Trainer erlaubt sich der Dortmunder nicht. Wie die Vereinsführung vertraut er öffentlich dem Coach. Watzke und Zorc tun das bedingungslos. Sie halten nichts vom branchenüblichen Reflex, in der Krise zunächst und vor allem den Trainer verantwortlich zu machen. "Ich bin seit sechs Jahren davon überzeugt, dass Jürgen Klopp ein überragender Trainer ist", sagt Watzke, "warum soll sich daran in ein paar Monaten etwas geändert haben?" Er soll bereit sein, mit Klopp in die zweite Liga zu gehen. Im Notfall.

Über vermeintliche Abnutzungserscheinungen diskutieren andere. Sie finden, dass Klopp nicht mehr so energiegeladen daherkommt wie in den erfolgreichen Jahren. Sie erkennen darin eine gewisse Amtsmüdigkeit. Sie folgern, es werde zunehmend schwieriger, die Spieler zu begeistern. Und sie betonen, dass im Dortmunder Fußball die Faktoren Begeisterung und Hingabe entscheidende Bedeutung haben.

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Bange Gemüter fürchten, dass auch das innere Feuer der Spieler erloschen ist. Sie lassen sich gern erklären, dass die Mannschaft nicht mehr wie in ihrer Jugendphase ein funktionierendes organisches Gefüge sei, sondern inzwischen eine professionelle Zweckgemeinschaft wie all die anderen. Damit sei dem BVB das Besondere abhanden gekommen, das Klopp als eine Art Vaterfigur so gefördert habe. Und sie lesen mit zitternden Händen, dass nach Recherchen des "Spiegel" ausgerechnet Kevin Großkreutz, die Verkörperung dieser ganzen Hingabe, mit unterirdischen körperlichen Werten aus der Sommerpause zurückgekehrt sein soll. So etwas kommentiert der Trainer nicht.

Er verweist stattdessen darauf, "dass wir in der Vorbereitung große Umfänge trainiert haben" und erklärt damit schlappe Testspiele wie das beim Zweitligisten Fortuna Düsseldorf (1:1). Und er beteuert, dass seine Jungs auf dem Trainingsplatz längst zu alter Frische und Dynamik zurückgefunden haben. Es klingt nach Beschwörung.

Die heimliche Lust der Öffentlichkeit an Untergangsgeschichten kennt Klopp natürlich, aber er will sie nicht bedienen. Und es ist auch noch viel zu früh dafür. Seine Mannschaft kann den Beweis für die Behauptungen ihres Trainers in den ersten Rückrundenspielen ja antreten. Sie muss den Beweis allerdings auch antreten. Denn ihrem Coach gehen nach vergeblichen Beschwörungen zum Ende der Hinrunde langsam die Mittel aus. Er hat viel geredet und nun zielgerichtet trainiert. Jetzt müssen Ergebnisse her.

Erst nach positiven Resultaten kann sich der BVB wieder mit der Zukunft befassen. Möglicherweise sieht die eine Umgestaltung der Mannschaft und eine Rückbesinnung auf das Dortmunder Modell vor. Zuletzt wurde vieles mit dem Scheckbuch erledigt, Klopps Qualität aber besteht in der Entwicklung von Spielern. Und der Trainer steht ja nicht zur Disposition. Vielleicht gibt es diese besondere Wahrheit: Klopp ist immer noch der richtige Trainer für den BVB, die Mannschaft aber ist nicht mehr die richtige für den Trainer.

(RP)
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