Borussia Mönchengladbach Brouwers' Bestwert und ein Dutzend Chancen

Nürnberg · Spätestens nach einem weiteren Lattentreffer und einer starken Parade von Marc-André ter Stegen war klar, dass das ein gutes Ende nehmen würde für die Borussia in Nürnberg. Zum zwölften Mal in Folge musste Lucien Favre beim 2:0 seine Startelf verändern. Auf alle Neuen war Verlass.

1.) Verlass auf die Vier Roel Brouwers ist und bleibt ein Phänomen. 325 Bundesliga-Minuten zeigt seine persönliche Saisonuhr an. 10:2 Tore hat die Borussia in diesem Zeitraum erzielt, lediglich in Berlin gab es eine Niederlage mit dem Niederländer. Es gibt zehn Spieler in der Liga, die noch keinen einzigen Fehlpass gespielt haben. Es hat jedoch keiner davon überhaupt mehr als 14 Abspiele auf dem Konto. "Rooooel", wie ihn die Borussia-Fans nennen, liegt bei 189 Pässen, von denen 95,2 Prozent zum Mitspieler kamen — eine bessere Bilanz weist niemand auf. Seit fast sieben Jahren, in mittlerweile mehr als 200 Ligaspielen ist der 32-Jährige die personifizierte Zuverlässigkeit.

2.) Überzeugt vom Erfolg Borussias Fans waren am Samstag etwas schizophren unterwegs: Einerseits herrschte die verbreitete Ansicht, dass die Vorlage durch den HSV-Sieg gegen Leverkusen am Freitagabend viel zu gut war, um sie zu nutzen. Sie kennen ihren Klub. Andererseits hallten bereits vor dem Anpfiff so laute "Auswärtssieg"-Rufe aus dem Gästeblock durch das ehemalige Frankenstadion, wie man es von einer Fanszene gar nicht kennt, die sich einst selbst als "Auswärtsdeppen" betitelte. Das eine Gefühl täuschte, die andere Prophezeiung spiegelte sich in einem 0:2 auf der Anzeigetafel wider.

3.) Uneigennützig gejubelt Anscheinend war die Überzeugung letztendlich sogar so groß, dass der Gästeblock nicht unerheblich jubelte, als der FC Augsburg gegen Bayern München in Führung ging. Es gibt diese alten Verhaltensmuster, die sich offenbar nicht so leicht ablegen lassen. Hätte der Rekordmeister getan, was er zuletzt in 53 Spielen 46-mal getan hatte, wäre Gladbachs Vorsprung auf Platz acht auf neun Punkte angewachsen. Bereits am Ostersamstag in Freiburg hätte alles klar sein können mit Europa. Aber diese beiden Sätze beinhalten einfach zu viele Konjunktive, um wahr zu sein.

4.) Ein halbes Dutzend vom ganzen Das kicker-Sportmagazin notierte zwölf Gladbacher Torchancen gegen den 1. FC Nürnberg, alleine Max Kruse dürfte am Ende bei sechs gelandet sein. Bisheriger Bestwert waren zehn Möglichkeiten beim VfB Stuttgart gewesen. Überhaupt erinnerte nicht nur das Ergebnis vom Samstag an das Auswärtsspiel im November, das die Borussia ebenfalls 2:0 gewann: Nach einer mindestens ausgeglichenen Hälfte ging es mit einer 1:0-Führung in die Pause, anschließend verpasste der VfL ein mögliches Schützenfest wie sonst nur jemand, der von Mai bis August niederrheinische Dörfer meidet.

5.) Das darf nicht fehlen Was mittlerweile angekommen sein dürfte:

6.) Seelenruhe Es ist wohl Konsens, dass mit Filip Daems' Fehlschuss gegen Hamburg nicht nur dessen persönliche Serie, sondern auch die der gesamten Borussia gerissen ist. 16 Strafstöße in Folge hatten Daems, Thorben Marx, Branimir Hrgota und Max Kruse in der Bundesliga hintereinander verwandelt. Letzterer beginnt inzwischen, auf den Spuren von Daems zu wandeln. In Nürnberg versenkte Kruse den sechsten von sechs Strafstößen als Profi.

7.) Eigenrotation Tony Jantschke feiert an diesem Montag seinen 24. Geburtstag, am Samstag führte er die Gladbacher erstmals in der Bundesliga als Kapitän aufs Feld. Hinter Jantschke liegen verrückte Wochen: In fünf Spielen hat er fünf verschiedene Rollen bekleidet. Gegen Dortmund fehlte er verletzt, gegen Berlin spielte er Sechser, gegen Frankfurt saß er 90 Minuten auf der Bank, gegen Hamburg verteidigte er rechts, gegen Nürnberg mal wieder innen. Das nennt man wohl Eigenrotation. Übrigens musste Lucien Favre seine Startelf am Wochenende zum zwölften Mal in Folge verändern.

8.) Faust für die Null Die Oliver-Kahn-Vergleiche kommen nicht von ungefähr. Nach dem Lattentreffer von Josip Drmic landete der Nachschuss von Hanno Balitsch genau in den Armen von Marc-André ter Stegen. Der zeigte die Kahn'sche Siegerfaust inklusive der dazugehörigen Mimik. Zum achten Mal in dieser Saison stand am Ende die Null — auch weil ter Stegen in der Nachspielzeit einen sensationellen Fußreflex auspackte.

9.) Karlheinz Arango Die Borussia der Saison 2013/14 hat am Wochenende die Borussia der Saison 2012/13 überholt. 48 Punkte hat Gladbach auf dem Konto, einen mehr als letztes Jahr. Schon jetzt ist es die zweitbeste Bilanz der vergangenen 18 Jahre. In Nürnberg erzielte Juan Arango das 50. Saisontor und sorgte dafür, dass der VfL diese Marke erstmals seit 1998 knackt. Damals hieß der runde Torschütze Karlheinz Pflipsen. Mit vier Siegen aus den vergangenen fünf Spielen steht Gladbach auf Platz eins der allseits anerkannten Formtabelle.

10.) With a Little Help from the Gegner Zum Jubiläum mal schmutzig und glücklich: Neunmal hatte Juan Arango das mit den Freistoßtoren ganz gut alleine hinbekommen, beim zehnten Treffer (neun in der Bundesliga, einer in der Europa League) half Nürnbergs Drmic mit dem Kopf nach. Somit verlief das andere Jubiläum, Arangos 150. Bundesligaspiel, absolut nach Maß.

(spol)
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